Naseer Shamma, Kurator der Arabic Music Days, hat sich als Interpret, Pädagoge und kultureller Botschafter wie wenige andere um sein Instrument, die Oud, verdient gemacht. An den von ihm ins Leben gerufenen „Oud-Häusern“ in mehreren Städten der arabischen Welt wird heute die nächste Generation von Musiker:innen ausgebildet. Zu den Arabic Music Days 2023 hat Shamma befreundete Oud-Virtuos:innen und Ensembles eingeladen, die aus Studierenden und Lehrenden der Oud-Häuser u.a. in Kairo und Abu Dhabi bestehen. Daneben erweitert ein umfangreiches Begleitprogramm den Blick auf die zeitgenössische arabische Kultur um Perspektiven aus Film, Literatur und bildender Kunst.
In einer temporären Werkstatt geben Oud-Bauer Einblicke in ihre Arbeit (Mozart Auditorium, Freitag bis Sonntag jeweils ab 16 Uhr). In einer Ausstellung sind Werke der bildenden Künstlerin Azza Al Qubaisi (Vereinigte Arabische Emirate) zu sehen, deren Skulpturen aus Gold, Silber, Holz und Stahl mit Referenzen an die Kultur und Natur ihrer Heimat unterschiedliche Aspekte ihrer Identität wiederspiegeln (Raum 121, Freitag bis Sonntag jeweils ab 16 Uhr). Die beiden Dichterinnen Fowziyah AbuKhalid (Saudi-Arabien) und Lorca Sbeity (Libanon) begleiten die Konzerte mit Gedichtrezitationen. (Die arabischen Originalversionen der Gedichte sowie deutsche und englische Übersetzungen können Sie hier lesen.)
Alle Gäste der Arabic Music Days erhalten außerdem einen Online-Zugang zur digitalen Plattform des Pierre Boulez Saals, auf der der Film Hanging Gardens des irakischen Regisseurs Ahmed Yassin Al Daradji zum Streaming zur Verfügung steht. Er erzählt die Coming-of-Age-Geschichte des 12-jährigen Asad und seines älteren Bruders im Bagdad der Nachkriegszeit in den 2010er Jahren.
ABU DHABI
CAIRO
Keine Sorge: nach den Arabic Music Days sind Sie Oud-Expert:in. Die Oud, eine Kurzhalslaute, spielt seit Jahrhunderten eine zentrale Rolle im Musikleben der arabischen Welt und weit darüber hinaus. Sie gab den Anstoß zur Entwicklung einer Fülle verschiedener Musikstile, von denen viele während des Festivals zu hören sind, und ist der Vorläufer zahlreicher anderer Saiteninstrumente wie der europäischen Laute. Auch im Jazz und der Popmusik hat sie ihren Platz gefunden, wie z.B. in Led Zeppelins Song Kashmir. Bei den Arabic Music Days erleben Sie die Oud in all ihren Facetten, gespielt von einigen der besten Virtuos:innen der Welt, darunter auch Festivalkurator Naseer Shamma.
Vertiefen Sie Ihr Wissen über die von Naseer Shamma ins Leben gerufenen Oud-Häuser, an denen nicht nur die nächste Generation von Oud-Spieler:innen ausgebildet, sondern auch das Instrument selbst ständig weiterentwickelt wird. In Videodokumentationen stellen wir Studierende und Absolvent:innen der Oud-Häuser in Kairo und Abu Dhabi vor, von denen viele live im Pierre Boulez Saal zu hören sein werden. Während des Festivals geben Oud-Bauer vor Ort Einblicke in die Entstehung und Herstellung des Instruments.
Dann sollten Sie sich die einzigartige Atmosphäre im Pierre Boulez Saal während der Arabic Music Days nicht entgehen lassen. Fesselnde musikalische Auftritte sorgen in Kombination mit dem intimen Rahmen des Saals für mitreißende Erlebnisse, die niemanden lange auf den Stühlen halten.
Die Arabic Music Days bieten ein Panorama arabischer Kultur(en): Im Rahmen der Konzerte lesen die Dichterinnen Fowziyah AbuKhalid (Saudi-Arabien) und Lorca Sbeity (Libanon) aus ihren Werken, und eine Ausstellung vor Ort präsentiert Skulpturen der emiratischen Künstlerin Azza Al Qubaisi. Der Spielfilm Hanging Gardens von Ahmed Yassin Al Daradji aus dem Jahr 2022 ist exklusiv für Festivalgäste zum Online-Streaming verfügbar. Und last but not least bietet unser Catering-Partner Casalot wie immer köstliche Gerichte der arabischen Küche an.
Nein? Dann sollten Sie das Abschlusskonzert der Arabic Music Days am 17. September nicht verpassen, in dem Naseer Shamma zusammen mit seinen ehemaligen Schüler:innen und Freund:innen selbst auf der Bühne steht.
AZZA AL QUBAISI
KÜNSTLERIN
Click on "CC" for subtitles
HANGING GARDENS
AHMED YASSIN AL DARADJI
FOWZIYAH ABUKHALID
DICHTERIN
LORCA SBEITY
DICHTERIN
Subtitles will be available soon
Es ist inzwischen schon einige Jahre her, dass ich den Pierre Boulez Saal, der sich damals noch im Bau befand, zum ersten Mal betrat. Sofort war ich überwältigt von seiner Architektur und der Idee hinter seiner elliptischen Form, die mir Ole Bækhøj, der Intendant, mit großer Begeisterung erläuterte. Der gesamte Fußboden war mit Nägeln bedeckt, und wir trugen Spezialschuhe und Schutzhelme. Doch meine Gedanken schweiften in diesem Augenblick davon. Ich stellte mir vor, mit meiner Oud mitten auf der Bühne zu stehen, und die Stapel mit Baumaterialien um uns herum verwandelten sich vor meinem inneren Auge in einen lebendigen, harmonischen Raum.
Kurze Zeit später saß ich wirklich auf dieser Bühne, umgeben von einem Publikum, das die gleiche Wärme auszustrahlen schien wie der Saal selbst. Damals fragte ich mich, ob die Wirkung des Raums sich auf die Seelen der Zuhörer übertragen hatte oder umgekehrt. Meine Beziehung zu diesem Saal begann bereits vor seiner Fertigstellung, und ich empfand ihn von Anfang an als besonders schönen und warmen Raum. Damit meine ich nicht nur seine geschwungenen Formen, die bequemen Sitze, die warmen Holztöne, sondern auch die Menschen, die hier arbeiten. Wann immer ich mich in diesem Raum aufhalte, erlebe ich eine freundliche Atmosphäre. Seit jenem ersten Tag habe ich hier viele musikalische und persönliche Erlebnisse gehabt, und das Publikum hat mir dabei immer das Gefühl gegeben, zu Hause zu sein – fast als wäre es zu Gast bei mir zu Hause. Ich glaube, genau auf dieser Grundidee baut der Pierre Boulez Saal auf.
Bei den Arabic Music Days haben wir im Laufe der Jahre die verschiedensten Programmideen realisiert. Damit wollte ich dem sehr kulturinteressierten Berliner Publikum die Möglichkeit geben, unterschiedliche künstlerische und kulturelle Aspekte der arabischen Musik kennenzulernen. Dieses Festival ist insofern auch Ausdruck meiner Überzeugung, dass sich die Künste nicht voneinander trennen lassen. Musik ist Poesie und Poesie ist Musik, Malerei besteht genauso aus Farben und Formen wie Musik. Der Film spiegelt ebenso das Leben selbst wider, wie die Musik es tut.
Unter dem Dach der Arabic Music Days vereinen sich all diese Künste zu einer wunderbaren Melodie. Die letzten Jahre sind wie im Flug vergangen, doch meine Erinnerungen an die gemeinsamen Momente auf dieser Bühne werden immer noch reicher. Von Beginn an war es unser Anspruch, unverwechselbare Programme zu präsentieren, die spezifische Facetten der arabischen Kultur zeigen, und die Beispiele aus der Vergangenheit beflügeln weiterhin unsere Kreativität.
Fünf Jahre sind seit meinem ersten Konzert in diesem Raum vergangen. Ich bin dem Publikum des Pierre Boulez Saals dankbar, dass es mich und unser Festival mit offenen Armen aufgenommen hat, und ich freue mich über jeden einzelnen Konzertbesucher. Künstler schöpfen Inspiration aus dem Geist der Menschen, die sie umgeben. Jede Art von Kunst ist immer ein Austausch – für sich allein kann sie nicht existieren, sie wird nur lebendig, wenn sie ein Publikum erreicht, das dürfen wir nie vergessen.
Naseer Shamma
Dieses Festival ist insofern auch Ausdruck meiner Überzeugung, dass sich die Künste nicht voneinander trennen lassen. Naseer Shamma, Kurator der Arabic Music Days