KÜNSTLER:INNEN

Anlässlich des 20. Todestags des palästinensischen Literaturwissenschaftlers eröffnen die seit 2018 stattfindenden Edward W. Said Days die neue Spielzeit im Pierre Boulez Saal. Im Mittelpunkt stehen Vorträge des Philosophen Dag Nikolaus Hasse und des Musikwissenschaftlers Kofi Agawu sowie zwei Diskussionspanels, die sich mit Themen am Schnittpunkt von Musik und Postkolonialismus befassen – beides zentrale Aspekte im Schaffen Saids.


Prof. Dr. Kofi Agawu (Graduate Center, City University of New York)
Warum ist afrikanische Kunstmusik unsichtbar?

Bei dem Begriff „afrikanische Musik“ denkt man normalerweise entweder an traditionelle Musik (angeblich präkolonialen Ursprungs, an Rituale und Spiele gebunden und insgesamt Ausdruck einer afrikanischen Authentizität) oder an die allgegenwärtige populäre Musik (jünger und leichter zugänglich, durch Genres wie Hiplife, Afrobeats und Amapiano geprägt und Ausdruck einer modernen, urbanen Sensibilität). Doch existiert auch ein nicht unbedeutender Fundus an Chormusik, Kammermusik, Orchestermusik und Opern von Komponist:innen, die in der Tradition verwurzelt sind – Werke, die von ausgebildeten Sänger:innen und Instrumentalist:innen in eigens dafür bestimmten modernen Räumen vor einem zumeist nicht mitwirkenden Publikum aufgeführt werden, ganz im Sinne der (europäischen) Konzertmusik. Wie ist es zu erklären, dass diese Tradition der afrikanischen Kunstmusik weitgehend unsichtbar ist? Als Vorbild dienen hier die textbasierten Interpretationen Edward Saids, die Lektionen in Sachen Konzentration darstellen. Sie machen deutlich, dass kreatives Schaffen auch beinhalten kann, Türen zu schließen, sich oberflächlichen Behauptungen über die Musik und das Weltliche zu widersetzen, ja selbst bestimmte Begleitumstände schlichtweg für irrelevant zu erklären. So betrachtet ist afrikanische Kunstmusik zugleich ein Problem (für ihre Kritiker:innen), ein Versprechen (für ihre Interpret:innen und deren Publikum) und ein ergiebiger Anlass zur Reflexion (für ihre Theoretiker:innen).

Kofi Agawu stammt aus Ghana, wo er seine Ausbildung begann, und studierte anschließend Komposition und Analyse in Großbritannien sowie Musikwissenschaft in den USA. Derzeit ist er Distinguished Professor am Graduate Center der City University of New York. Zu seinen Buchpublikationen zählen Playing with Signs (1991), African Rhythm (1996), Music as Discourse (2008) und The African Imagination in Music (2016). 1991 erhielt er ein Guggenheim-Stipendium, außerdem wurde er mit der Dent Medal (1992) und der Harrison Medal (2009) ausgezeichnet. Er ist Fellow der Ghana Academy of Arts and Sciences, Corresponding Fellow der British Academy und Ehrenmitglied der Royal Musical Association. Sein Essayband On African Music: Techniques, Influences, Scholarship erscheint demnächst bei Oxford University Press.

Kuratiert von Prof. Dr. James Helgeson & Prof. Dr. Regula Rapp

Vorträge und Symposium finden in englischer Sprache statt. Der Eintritt ist frei, vorherige Anmeldung erforderlich.

Dauer der Veranstaltung: ca. 1h ohne Pause
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Pierre Boulez Saal
Französische Straße 33 D
10117 Berlin
Saison 2023/24,
EDWARD W. SAID DAYS
Keynote Kofi Agawu: Why is African Art Music Invisible?
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