Leif Ove Andsnes Klavier

Programm

Franz Schubert
Klaviersonate a-moll D 784

Geirr Tveitt
Klaviersonate Nr. 29 Sonata etere op. 129

Franz Schubert
Impromptu f-moll D 935 Nr. 1

Johannes Brahms
Sieben Fantasien für Klavier op. 116

Franz Schubert (1797–1828)
Klaviersonate a-moll D 784 (1823)

I. Allegro giusto
II. Andante
III. Allegro vivace

 

Geirr Tveitt (1908–1982)
Klaviersonate Nr. 29 Sonata etere op. 129 (1952)

I. In cerca di… Moderato
II. Tono etereo in variazioni
III. Tempo di pulsazione


Pause


Franz Schubert
Impromptu f-moll D 935 Nr. 1 (1827)

Allegro moderato

 

Johannes Brahms (1833–1897)
Sieben Fantasien für Klavier op. 116 (1892)

I. Capriccio. Presto energico
II. Intermezzo. Andante
III. Capriccio. Allegro passionato
IV. Intermezzo. Adagio
V. Intermezzo. Andante con grazia ed intimissimo sentimento
VI. Intermezzo. Andantino teneramente
VII. Capriccio. Allegro agitato

Franz Schubert (1797–1828)
Klaviersonate a-moll D 784 (1823)

I. Allegro giusto
II. Andante
III. Allegro vivace

 

Geirr Tveitt (1908–1982)
Klaviersonate Nr. 29 Sonata etere op. 129 (1952)

I. In cerca di… Moderato
II. Tono etereo in variazioni
III. Tempo di pulsazione


Pause


Franz Schubert
Impromptu f-moll D 935 Nr. 1 (1827)

Allegro moderato

 

Johannes Brahms (1833–1897)
Sieben Fantasien für Klavier op. 116 (1892)

I. Capriccio. Presto energico
II. Intermezzo. Andante
III. Capriccio. Allegro passionato
IV. Intermezzo. Adagio
V. Intermezzo. Andante con grazia ed intimissimo sentimento
VI. Intermezzo. Andantino teneramente
VII. Capriccio. Allegro agitato

asset_imageGeirr Tveitt

Pianistische Selbstgespräche

In spannungsvollem Kontrast mit Werken von Franz Schubert und Johannes Brahms präsentiert Leif Ove Andsnes bei seinem ersten Soloabend im Pierre Boulez Saal auch Musik des außerhalb Norwegens weitgehend unbekannten Komponisten Geirr Tveitt (1908–1981), für dessen Schaffen die traditionelle Musik seines Heimatlandes eine zentrale Rolle spielte. Seine von kraftvollen rhythmischen Mustern und bimodaler Harmonik geprägte Sonata etere entstand Ende der 1940er Jahre und ist eines der wenigen Werke, die einen Brand in seinem Haus 1970 überlebten, bei dem der Großteil seiner Manuskripte vernichtet wurde.

Essay von Michael Horst

Pianistische Selbstgespräche
Klavierwerke von Schubert, Brahms und Tveitt

Michael Horst


Die Klaviersonaten von Franz Schubert fristeten bis weit ins 20. Jahrhundert hinein ein Schattendasein im Repertoire. Erst 1997, zum 200. Geburtstag des Komponisten, wagte András Schiff im Rahmen der Berliner Festwochen als einer der ersten eine zyklische Aufführung. Vor zehn Jahren lenkte auch Daniel Barenboim mit einer Gesamtaufnahme den Blick auf die zwölf vollendeten Sonaten (zu denen noch mindestens zehn unvollendete kommen). Ihre Reihe beginnt 1817 mit einem Werk des 20-Jährigen und wird von der Trias der großen Sonaten c-moll D 958, A-Dur D 959 und B-Dur D 960 aus Schuberts letzten Lebensmonaten gekrönt.

Eine mittlere Position nimmt die a-moll-Sonate D 784 von Februar 1823 ein, die nach dreijähriger Pause den Beginn einer neuen Phase in Schuberts Klaviermusik markiert. Der 26-jJährige Komponist ist sich inzwischen seiner Mittel sehr bewusst – und hat gelernt, neben dem übermächtigen Vorbild Beethoven eigene künstlerische Lösungswege zu finden. Dies zeigt in diesem Werk besonders der erste Satz, in dem die beiden Hauptthemen nicht etwa miteinander in Beziehung gesetzt, sondern blockartig nebeneinandergestellt werden. Das schroffe erste Thema wird allein durch die „Beleuchtung“ verändert – etwa durch tremolierende Begleitung oder wiederholte Sprünge in andere Tonarten. Harmonisch kühn ist auch die Wahl von E-Dur für das zweite Thema, eine unverwechselbar Schubert’sche Melodie. Die musikalische Entwicklung kulminiert mit gehämmerten Akkorden und wuchtigen Oktavpassagen in der Durchführung; die Reprise wiederholt das Spiel mit den konträren Blöcken – nicht ohne neue Beleuchtungs-Varianten.

Das schlichte Andante in F-Dur entwickelt sich aus dem unisono vorgetragenen Thema in mehreren Schwüngen zu immer größerer Intensität. Im Finale nimmt die Musik dann unerwartet virtuose Züge an: Wie in einer Etüde stürmen die Triolenketten voran. Insgesamt viermal wiederholt sich dieser Abschnitt, jeweils unterbrochen von einer schlichten Passage im Ländlerton, die durch „falsche“ Töne einen besonderen Charme gewinnt. Doch allzu viel Idylle lässt Schubert nicht aufkommen: Die Sonate endet mit kompromisslos-harten Akkorden in a-moll.


Ambitionierte Miniatur

Der Begriff „Impromptu“ für kurze Klavierstücke ohne festgelegte Form kam zu Schuberts Zeit in Mode. Für die vier Stücke aus seinem vorletzten Lebensjahr 1827 übernahm er wohl den Titelvorschlag seines Wiener Verlegers Tobias Haslinger. Dessen Erwartung, was eingängige, gut verkäufliche Ware betraf, erfüllte sich allerdings nicht – nur die zwei ersten Impromptus aus op. 90 (D 899) wurden umgehend gedruckt, die beiden übrigen folgten erst 1857. Und auch die vier weiteren Impromptus (D 935) mussten bis 1839, zehn Jahre nach Schuberts Tod, warten, ehe sie als op. 142 mit einer Widmung an Franz Liszt an die Öffentlichkeit kamen.

Das erste Stück aus dieser Gruppe in f-moll wirkt wie der machtvolle Eröffnungssatz einer ambitionierten Sonate: barock anmutend in der punktierten Einleitung, dann in ein von Tremoli umspieltes lyrisches Thema übergehend. Auch hier pflegt Schubert sein Prinzip, melodische Elemente immer wieder in ein neues Licht zu stellen, in höherer Lage zu wiederholen oder durch den Wechsel nach Dur aufzuhellen. Der Mittelteil gleicht einer dramatischen Dialogszene, in der die linke Hand durch beständiges Übergreifen sowohl im Diskant die Fragen stellt wie gleich darauf im Bass die Antworten zu geben. Die Reprise ist eine fast wörtliche Wiederholung des Anfangs einschließlich der punktierten Einleitung, weicht jedoch in die „warmen“ Tonarten F-Dur und As-Dur aus, um erst im allerletzten Moment den Bogen zu den harschen Molltönen des Beginns zu schlagen.


Solitär von ungeheurer Wucht

Der Name Geirr Tveitt dürfte hierzulande selbst versierten Repertoirekenner:innen kaum ein Begriff sein. In seiner Heimat Norwegen war der aus Bergen stammende Tveitt eine zwar geschätzte, aber auch umstrittene Persönlichkeit, ein Einzelkämpfer, der mit seinen ästhetisch-philosophischen Ansichten immer wieder aneckte. Gleichzeitig erlangte er durch jahrzehntelange Tätigkeit für den Radiosender NRK eine landesweite Bekanntheit, die weit über sein Wirken als Pianist, Komponist und Dirigent hinausging. In den Nachkriegsjahren stilistisch wie aus der Zeit gefallen, schottete Tveitt sich auf seinem Bauernhof am Hardangerfjord mehr und mehr von der Umwelt ab. Die Katastrophe ereignete sich 1970, als das Haus bis auf die Grundmauern niederbrannte und die Manuskripte von mehr als 300 Kompositionen – etwa 80 Prozent seines Œuvres, darunter allein sechs Klavierkonzerte – vernichtet wurden. Von diesem Schlag sollte sich Tveitt nicht mehr erholen; verbittert und alkoholkrank starb er 1981 im Alter von 72 Jahren.

Als Solitär von ungeheurer Wucht präsentiert sich die Klaviersonate Nr. 29 Sonata etere (Äther-Sonate) von 1950 – kein Wunder, dass sich Leif Ove Andsnes in den letzten Jahren vehement für das Werk eingesetzt hat. Der kompositorische Werdegang von Tveitt scheint darin kaum Spuren hinterlassen zu haben: 1928 war er ans Leipziger Konservatorium gekommen, das damals als Hort konservativer Ästhetik vor allem vom Glanz früherer Jahre lebte. Auch die Vorkriegserfahrungen in Paris, die den Komponisten mit Arthur Honegger und Heitor Villa-Lobos zusammenführten, kamen eher in anderen (verlorenen) Werken zum Ausdruck. Ebenso wenig findet sich Tveitts starke Bindung an die Volksmusik aus Hardanger, die er auch durch Konzerte für die Hardanger-Fiedel bereicherte, in der Sonate wieder.

Stattdessen geht der Komponist hier vor allem klanglich einen völlig eigenen Weg, der sich durch ungewöhnliche Experimente, schonungslose Radikalität und jeglichen Verzicht auf äußerliches Raffinement auszeichnet. Der erste Satz mit der Bezeichnung „In cerca di...“ (Auf der Suche nach) weist den Weg: Er beginnt scheinbar harmlos mit unablässig voranschreitenden Achtelketten, denen unvermutet eine bitonale Basslinie mit leeren Quinten entgegengestellt wird. Die Musik ballt sich zusammen in hämmernden Akkorden und flächigen Cluster-Klängen, aus denen immer wieder die Melodielinie hervorblitzt, und strebt ohne einen einzigen Moment des Innehaltens dem Ende im dreifachen Fortissimo zu.

In diametral entgegengesetzte Welten führt der zweite Satz „Tono etereo in variazioni“ (Ätherischer Ton in Variationen). Über einem mit dem linken Unterarm stumm angeschlagenen und gehaltenen Akkord in den Bässen werden die einzelnen Noten des Themas wie mit einem Meißel herausgeschlagen; darauf folgen nicht weniger als 18 kurze, unverbunden aneinander montierte Abschnitte, die wie ein Kaleidoskop die große klangliche Fantasie des Norwegers zeigen. Flirrende Klangwolken wechseln ab mit virtuosen kontrapunktischen Verwicklungen, an Chopin erinnernde schlichte Girlanden stehen neben archaisch-fahlen Akkorden. Im Abschnitt Nr. 16 erscheint überraschend noch einmal die Anfangssequenz der gemeißelten Töne. Zum Ende hin vermischt Tveitt die thematische Linie mit den Impulsen aus den Achtelketten des ersten Satzes, um das Ganze „sehnend und traurig“ (bramoso e triste) ausklingen zu lassen.

„Tempo di pulsazione“ lautet die Überschrift des letzten Satzes, der seine Energie aus mit geradezu monomanischer Besessenheit vorangetriebenen rhythmischen Impulsen entwickelt. Auch hier wird das Thema des Kopfsatzes einbezogen, wobei das rhythmische Element dazu mal in Form von harten Basstönen, mal von üppigen Figurationen in der rechten Hand in Erscheinung tritt, immer wieder neu und ungewöhnlich vom Komponisten angeordnet. Wie im ersten Satz gibt es kein Innehalten oder Durchatmen. Die durch und durch eigenwillige Komposition endet mit drei irritierenden Schlussakkorden.


Ein Kaleidoskop pianistischer Selbstgespräche

Wie Geirr Tveitt – und anders als Schubert – war Johannes Brahms ein berufener Interpret seiner eigenen Klavierwerke. Die frühen Sonaten und Variationenwerke legen beredtes Zeugnis von seinen enormen pianistischen Fähigkeiten ab. In der Reihe der späteren Klavierstücke aus dem siebten Lebensjahrzehnt des Komponisten ist dagegen nur noch selten etwas davon zu spüren; alles wirkt konzentrierter und komprimierter. In den Jahren 1892/93 schrieb Brahms vier Werkgruppen, beginnend mit den Sieben Fantasien op. 116, die in der Sommerfrische von Bad Ischl entstanden und bereits wenige Monate später bei Simrock in Berlin, Brahms’ angestammtem Verlag, gedruckt wurden.

Brahms’ Vertraute Clara Schumann zeigte sich über die „wunderbar originellen Klavierstücke“ höchst angetan. In der Tat gelingt es dem Komponisten, mit immer wieder unterschiedlichen und überraschend einfachen Mitteln die verschiedensten Stimmungen – von elegisch bis temperamentvoll – in Töne zu fassen. Das Capriccio Nr. 1 in von wellenartig an- und abschwellender Bewegung in unruhig dahinstürmendem Dreiachteltakt bestimmt. Das zarte Intermezzo Nr. 2 beinhaltet einen technisch kniffligen Mittelteil, der ein besonders luftiges Klangbild erzeugt. Im Capriccio Nr. 3 errichtet Brahms aus einem einzelnen gebrochenen Akkord ein ganzes musikalisches Gebäude, zu dem der zentrale Es-Dur-Abschnitt einen vollstimmigen Kontrast bildet.

Eine Einheit bilden die drei folgenden Intermezzi, die den Blick noch stärker nach innen richten. Die Nr. 4 in E-Dur fächert den Klavierklang bis in kleinste Details auf und nutzt dabei die gesamte Bandbreite des Instruments von silbriger Höhe bis in die tiefste Basslage. Die Spielanweisung „Andante con grazia ed intimissimo sentimento“ (Andante mit Anmut und feinstem Empfinden) sagt alles über das wie hingetupft wirkende Intermezzo Nr. 5 e-moll. Noch verinnerlichter erscheint die Nr. 6 in E-Dur, in der absteigende Melodielinien den Eindruck spätherbstlicher Tristesse vermitteln, die durch raffinierte Harmonik gleichzeitig einen besonderen Zauber gewinnt. Das abschließende Capriccio Nr. 7 d-moll wirkt in seiner Mischung aus temperamentvollem Zupacken und Nachdenklichkeit wie ein letztes Fazit dieses beeindruckenden Kaleidoskops pianistischer Selbstgespräche.


Der Berliner Musikjournalist Michael Horst arbeitet als Autor und Kritiker für Zeitungen, Radio und Fachmagazine. Außerdem gibt er Konzerteinführungen. Er publizierte Opernführer über Puccinis Tosca und Turandot und übersetzte Bücher von Riccardo Muti und Riccardo Chailly aus dem Italienischen.

 

Pianistische Selbstgespräche
Klavierwerke von Schubert, Brahms und Tveitt

Michael Horst


Die Klaviersonaten von Franz Schubert fristeten bis weit ins 20. Jahrhundert hinein ein Schattendasein im Repertoire. Erst 1997, zum 200. Geburtstag des Komponisten, wagte András Schiff im Rahmen der Berliner Festwochen als einer der ersten eine zyklische Aufführung. Vor zehn Jahren lenkte auch Daniel Barenboim mit einer Gesamtaufnahme den Blick auf die zwölf vollendeten Sonaten (zu denen noch mindestens zehn unvollendete kommen). Ihre Reihe beginnt 1817 mit einem Werk des 20-Jährigen und wird von der Trias der großen Sonaten c-moll D 958, A-Dur D 959 und B-Dur D 960 aus Schuberts letzten Lebensmonaten gekrönt.

Eine mittlere Position nimmt die a-moll-Sonate D 784 von Februar 1823 ein, die nach dreijähriger Pause den Beginn einer neuen Phase in Schuberts Klaviermusik markiert. Der 26-jJährige Komponist ist sich inzwischen seiner Mittel sehr bewusst – und hat gelernt, neben dem übermächtigen Vorbild Beethoven eigene künstlerische Lösungswege zu finden. Dies zeigt in diesem Werk besonders der erste Satz, in dem die beiden Hauptthemen nicht etwa miteinander in Beziehung gesetzt, sondern blockartig nebeneinandergestellt werden. Das schroffe erste Thema wird allein durch die „Beleuchtung“ verändert – etwa durch tremolierende Begleitung oder wiederholte Sprünge in andere Tonarten. Harmonisch kühn ist auch die Wahl von E-Dur für das zweite Thema, eine unverwechselbar Schubert’sche Melodie. Die musikalische Entwicklung kulminiert mit gehämmerten Akkorden und wuchtigen Oktavpassagen in der Durchführung; die Reprise wiederholt das Spiel mit den konträren Blöcken – nicht ohne neue Beleuchtungs-Varianten.

Das schlichte Andante in F-Dur entwickelt sich aus dem unisono vorgetragenen Thema in mehreren Schwüngen zu immer größerer Intensität. Im Finale nimmt die Musik dann unerwartet virtuose Züge an: Wie in einer Etüde stürmen die Triolenketten voran. Insgesamt viermal wiederholt sich dieser Abschnitt, jeweils unterbrochen von einer schlichten Passage im Ländlerton, die durch „falsche“ Töne einen besonderen Charme gewinnt. Doch allzu viel Idylle lässt Schubert nicht aufkommen: Die Sonate endet mit kompromisslos-harten Akkorden in a-moll.


Ambitionierte Miniatur

Der Begriff „Impromptu“ für kurze Klavierstücke ohne festgelegte Form kam zu Schuberts Zeit in Mode. Für die vier Stücke aus seinem vorletzten Lebensjahr 1827 übernahm er wohl den Titelvorschlag seines Wiener Verlegers Tobias Haslinger. Dessen Erwartung, was eingängige, gut verkäufliche Ware betraf, erfüllte sich allerdings nicht – nur die zwei ersten Impromptus aus op. 90 (D 899) wurden umgehend gedruckt, die beiden übrigen folgten erst 1857. Und auch die vier weiteren Impromptus (D 935) mussten bis 1839, zehn Jahre nach Schuberts Tod, warten, ehe sie als op. 142 mit einer Widmung an Franz Liszt an die Öffentlichkeit kamen.

Das erste Stück aus dieser Gruppe in f-moll wirkt wie der machtvolle Eröffnungssatz einer ambitionierten Sonate: barock anmutend in der punktierten Einleitung, dann in ein von Tremoli umspieltes lyrisches Thema übergehend. Auch hier pflegt Schubert sein Prinzip, melodische Elemente immer wieder in ein neues Licht zu stellen, in höherer Lage zu wiederholen oder durch den Wechsel nach Dur aufzuhellen. Der Mittelteil gleicht einer dramatischen Dialogszene, in der die linke Hand durch beständiges Übergreifen sowohl im Diskant die Fragen stellt wie gleich darauf im Bass die Antworten zu geben. Die Reprise ist eine fast wörtliche Wiederholung des Anfangs einschließlich der punktierten Einleitung, weicht jedoch in die „warmen“ Tonarten F-Dur und As-Dur aus, um erst im allerletzten Moment den Bogen zu den harschen Molltönen des Beginns zu schlagen.


Solitär von ungeheurer Wucht

Der Name Geirr Tveitt dürfte hierzulande selbst versierten Repertoirekenner:innen kaum ein Begriff sein. In seiner Heimat Norwegen war der aus Bergen stammende Tveitt eine zwar geschätzte, aber auch umstrittene Persönlichkeit, ein Einzelkämpfer, der mit seinen ästhetisch-philosophischen Ansichten immer wieder aneckte. Gleichzeitig erlangte er durch jahrzehntelange Tätigkeit für den Radiosender NRK eine landesweite Bekanntheit, die weit über sein Wirken als Pianist, Komponist und Dirigent hinausging. In den Nachkriegsjahren stilistisch wie aus der Zeit gefallen, schottete Tveitt sich auf seinem Bauernhof am Hardangerfjord mehr und mehr von der Umwelt ab. Die Katastrophe ereignete sich 1970, als das Haus bis auf die Grundmauern niederbrannte und die Manuskripte von mehr als 300 Kompositionen – etwa 80 Prozent seines Œuvres, darunter allein sechs Klavierkonzerte – vernichtet wurden. Von diesem Schlag sollte sich Tveitt nicht mehr erholen; verbittert und alkoholkrank starb er 1981 im Alter von 72 Jahren.

Als Solitär von ungeheurer Wucht präsentiert sich die Klaviersonate Nr. 29 Sonata etere (Äther-Sonate) von 1950 – kein Wunder, dass sich Leif Ove Andsnes in den letzten Jahren vehement für das Werk eingesetzt hat. Der kompositorische Werdegang von Tveitt scheint darin kaum Spuren hinterlassen zu haben: 1928 war er ans Leipziger Konservatorium gekommen, das damals als Hort konservativer Ästhetik vor allem vom Glanz früherer Jahre lebte. Auch die Vorkriegserfahrungen in Paris, die den Komponisten mit Arthur Honegger und Heitor Villa-Lobos zusammenführten, kamen eher in anderen (verlorenen) Werken zum Ausdruck. Ebenso wenig findet sich Tveitts starke Bindung an die Volksmusik aus Hardanger, die er auch durch Konzerte für die Hardanger-Fiedel bereicherte, in der Sonate wieder.

Stattdessen geht der Komponist hier vor allem klanglich einen völlig eigenen Weg, der sich durch ungewöhnliche Experimente, schonungslose Radikalität und jeglichen Verzicht auf äußerliches Raffinement auszeichnet. Der erste Satz mit der Bezeichnung „In cerca di...“ (Auf der Suche nach) weist den Weg: Er beginnt scheinbar harmlos mit unablässig voranschreitenden Achtelketten, denen unvermutet eine bitonale Basslinie mit leeren Quinten entgegengestellt wird. Die Musik ballt sich zusammen in hämmernden Akkorden und flächigen Cluster-Klängen, aus denen immer wieder die Melodielinie hervorblitzt, und strebt ohne einen einzigen Moment des Innehaltens dem Ende im dreifachen Fortissimo zu.

In diametral entgegengesetzte Welten führt der zweite Satz „Tono etereo in variazioni“ (Ätherischer Ton in Variationen). Über einem mit dem linken Unterarm stumm angeschlagenen und gehaltenen Akkord in den Bässen werden die einzelnen Noten des Themas wie mit einem Meißel herausgeschlagen; darauf folgen nicht weniger als 18 kurze, unverbunden aneinander montierte Abschnitte, die wie ein Kaleidoskop die große klangliche Fantasie des Norwegers zeigen. Flirrende Klangwolken wechseln ab mit virtuosen kontrapunktischen Verwicklungen, an Chopin erinnernde schlichte Girlanden stehen neben archaisch-fahlen Akkorden. Im Abschnitt Nr. 16 erscheint überraschend noch einmal die Anfangssequenz der gemeißelten Töne. Zum Ende hin vermischt Tveitt die thematische Linie mit den Impulsen aus den Achtelketten des ersten Satzes, um das Ganze „sehnend und traurig“ (bramoso e triste) ausklingen zu lassen.

„Tempo di pulsazione“ lautet die Überschrift des letzten Satzes, der seine Energie aus mit geradezu monomanischer Besessenheit vorangetriebenen rhythmischen Impulsen entwickelt. Auch hier wird das Thema des Kopfsatzes einbezogen, wobei das rhythmische Element dazu mal in Form von harten Basstönen, mal von üppigen Figurationen in der rechten Hand in Erscheinung tritt, immer wieder neu und ungewöhnlich vom Komponisten angeordnet. Wie im ersten Satz gibt es kein Innehalten oder Durchatmen. Die durch und durch eigenwillige Komposition endet mit drei irritierenden Schlussakkorden.


Ein Kaleidoskop pianistischer Selbstgespräche

Wie Geirr Tveitt – und anders als Schubert – war Johannes Brahms ein berufener Interpret seiner eigenen Klavierwerke. Die frühen Sonaten und Variationenwerke legen beredtes Zeugnis von seinen enormen pianistischen Fähigkeiten ab. In der Reihe der späteren Klavierstücke aus dem siebten Lebensjahrzehnt des Komponisten ist dagegen nur noch selten etwas davon zu spüren; alles wirkt konzentrierter und komprimierter. In den Jahren 1892/93 schrieb Brahms vier Werkgruppen, beginnend mit den Sieben Fantasien op. 116, die in der Sommerfrische von Bad Ischl entstanden und bereits wenige Monate später bei Simrock in Berlin, Brahms’ angestammtem Verlag, gedruckt wurden.

Brahms’ Vertraute Clara Schumann zeigte sich über die „wunderbar originellen Klavierstücke“ höchst angetan. In der Tat gelingt es dem Komponisten, mit immer wieder unterschiedlichen und überraschend einfachen Mitteln die verschiedensten Stimmungen – von elegisch bis temperamentvoll – in Töne zu fassen. Das Capriccio Nr. 1 in von wellenartig an- und abschwellender Bewegung in unruhig dahinstürmendem Dreiachteltakt bestimmt. Das zarte Intermezzo Nr. 2 beinhaltet einen technisch kniffligen Mittelteil, der ein besonders luftiges Klangbild erzeugt. Im Capriccio Nr. 3 errichtet Brahms aus einem einzelnen gebrochenen Akkord ein ganzes musikalisches Gebäude, zu dem der zentrale Es-Dur-Abschnitt einen vollstimmigen Kontrast bildet.

Eine Einheit bilden die drei folgenden Intermezzi, die den Blick noch stärker nach innen richten. Die Nr. 4 in E-Dur fächert den Klavierklang bis in kleinste Details auf und nutzt dabei die gesamte Bandbreite des Instruments von silbriger Höhe bis in die tiefste Basslage. Die Spielanweisung „Andante con grazia ed intimissimo sentimento“ (Andante mit Anmut und feinstem Empfinden) sagt alles über das wie hingetupft wirkende Intermezzo Nr. 5 e-moll. Noch verinnerlichter erscheint die Nr. 6 in E-Dur, in der absteigende Melodielinien den Eindruck spätherbstlicher Tristesse vermitteln, die durch raffinierte Harmonik gleichzeitig einen besonderen Zauber gewinnt. Das abschließende Capriccio Nr. 7 d-moll wirkt in seiner Mischung aus temperamentvollem Zupacken und Nachdenklichkeit wie ein letztes Fazit dieses beeindruckenden Kaleidoskops pianistischer Selbstgespräche.


Der Berliner Musikjournalist Michael Horst arbeitet als Autor und Kritiker für Zeitungen, Radio und Fachmagazine. Außerdem gibt er Konzerteinführungen. Er publizierte Opernführer über Puccinis Tosca und Turandot und übersetzte Bücher von Riccardo Muti und Riccardo Chailly aus dem Italienischen.

 

asset_imageErstausgabe von Schuberts Klaviersonate D 784, Wien 1846

Sonatas and Fantasies

Making his solo debut at the Pierre Boulez Saal, Leif Ove Andsnes presents works by Franz Schubert and Johannes Brahms in an exciting juxtaposition with music by Geirr Tveitt (1908–1981), a composer hardly known outside Norway whose oeuvre was greatly inspired by the traditional music of his homeland. Written in the late 1940s, his Sonata etere combines powerful rhythmic patterns with bimodal harmony and is among the few works to survive a fire at the composer’s home in 1970 that destroyed most of his manuscripts.

Essay by Katy Hamilton

Sonatas and Fantasies
Piano Works by Schubert, Brahms, and Tveitt

Katy Hamilton


A Startling New Landscape

The year 1822 marked a new level of independence and professional progress for Franz Schubert. Now lodging with his friend Franz von Schober, the 25-year-old composed a string of new vocal and instrumental works and saw some of his earliest opuses into print. In November, he completed the mighty “Wanderer” Fantasy, a work virtuosic in terms of both its pianistic demands and its ingenious four-movements-in-one structure. Four months later, Schubert returned to a more traditional three-movement form in his Sonata in A minor D 784. Yet despite its familiar format, this work presents a startling new landscape of unfamiliar textures, unusual pacing, and unsettling harmonies.

The opening Allegro giusto—longer than the two remaining movements combined—begins with bare pianissimo octaves, a disconcerting first gesture that gradually evolves into a an almost orchestral restatement. As the movement progresses, Schubert provides a gentler and more lyrical second subject in E; but this is soon undermined as the music tips repeatedly between major and minor harmonies, and eventually peters out into silence. Indeed, the entire movement is marked by a deliberate avoidance of architectural signposting: there is little sense of culmination at crucial structural moments, and Schubert makes particularly effective use of silence to this end. This is equally true of the rich and melancholy second movement, whose opening melody is perpetually interrupted by sinister pianissimo interjections. The finale alternates dashing triplet scale work, almost Bachian on the page, with bracing octaves and yet another lyrical idea knocked askew by strange chromatic colorings.

As with so much of Schubert’s work, the Sonata did not appear in print during his lifetime. It was among the substantial batch of manuscripts (also including the String Quintet D 956, the Octet D 803, and a vast number of songs) sold by the composer’s brother Ferdinand to the publisher Diabelli in 1829. It was finally printed in the spring of 1839, bearing a dedication from Diabelli to Felix Mendelssohn—whom, of course, Schubert never knew.


Ethereal Sounds


The name Geirr Tveitt is not familiar to most music lovers outside of Norway, although many of Tveitt’s teachers and associates are musicians whose stories we know well. When he was 20, Tveitt enrolled at the Leipzig Conservatory (a somewhat mixed experience, as far as he was concerned) before relocating to Paris in 1932 and joining the class of Nadia Boulanger. He also spent time with Arthur Honegger, Heitor Villa-Lobos, and, later, Egon Wellesz in Vienna—in other words, by the late 1930s he was intimately familiar with a range of musical styles and approaches from a number of different countries. Tveitt also became increasingly involved in studying Norwegian folk music, developing a strongly nationalist theory of composition. His most substantial work is a collection of orchestral arrangements, A Hundred Hardanger Tunes (he was himself a native of Hardanger, the area around Bergen), written between 1954 and 1963. He composed prolifically—it is estimated that he wrote around 300 opuses—and also toured extensively as a pianist. But he stored all his manuscripts at his family home in Kvam, and in 1970 a fire broke out which not only razed his house to the ground, but also destroyed the vast majority of his compositions.

The piece on tonight’s program, the Sonata No. 29 Sonata etere, is therefore a rare and precious survivor—the only one of his piano sonatas to remain extant. Composed in the late 1940s, its three movements each bear evocative titles that reveal something of their character. The opening “In cerca di…” (In search of) sets in motion a spinning, circling right-hand pattern against a stridently bitonal left-hand melody. The floating cluster chords that appear later in the movement seem reminiscent of Debussy, though the music’s driving rhythmic force bring Bartók and Prokofiev to mind. The motive with which this movement begins is one of two principal themes in the Sonata, and what follows is based on repetition and shifting rhythmic emphasis rather than traditional notions of development. It is the central movement that gives the Sonata its name: “Tono etereo in variazoni” (Ethereal tones in variations). This begins with a series of silently depressed cluster chords that are made to resonate by playing staccato notes above them as the sustain pedal is held down—and Tveitt then marks the score with dynamic changes to be achieved using a microphone and amplifier. The effect is indeed ethereal, a halo of ghostly echoing harmonies. This opening section is one of 19 in the movement, and it is section number two (marking a return to normal pianistic technique) that provides the work’s second theme. This then forms the basis of a series of variations for much of the rest of the movement, which ultimately fades into ringing chords as it began. The finale, “Tempo di pulsazione,” surges forwards with increasing percussive urgency: the score is littered with accents and instructions to emphasize and hold certain crucial notes. This momentum eventually peters out, and we are left suspended in delicately echoing chords at the piece’s close.


A Sonata in Disguise


The second half of the program consists of a sequence of single-movement compositions that combine the curious qualities of working as entirely independent pieces but also suggesting broader connections outside themselves. Indeed, Schubert’s second collection of Impromptus D 935 seemed so closely linked as an opus that Robert Schumann believed the individual pieces must have been originally intended as a sonata. In particular it was the first “movement,” the F-minor Impromptu, that led him to this conclusion, which he felt bore all the markers of an opening sonata gambit: a dramatically rhetorical introductory gesture, the busy textures of an unfolding allegro, and a twinklingly lyrical second subject in a major key.

And yet when Schubert sent the score of the four pieces to a publisher in early 1828, he reported that these works—which he classified himself as “Impromptus”—were suitable for publication either together or separately. That he described them in this way is significant: Schubert’s first set of Impromptus (as we now know them, D 899) had been given this designation by the publisher, not the composer, just a few months earlier. Schubert’s decision to hang onto the same title with this new group, and treat the matter of publication pragmatically, is a salutary reminder that professional musicians had to adjust ideas and expectations to suit their potential market. Just as Schubert’s A-minor Sonata had been posthumously published with a dedication to Mendelssohn, so the Impromptus D 935 eventually appeared in 1849—in two books of two pieces each—with a dedication to Franz Liszt.


Intimate and Introspective Masterworks


In the summer of 1892, Johannes Brahms returned to his beloved summer retreat of Ischl, in Upper Austria. Here he began work on a number of pieces for solo piano that were subsequently to appear in his last four opuses for the instrument: the Fantasies Op. 116, the three Intermezzos Op. 117, and the Piano Pieces Opp. 118 and 119. (It seems likely, based on surviving correspondence, that several more works were completed and discarded by this highly self-critical composer.) By the autumn, Brahms was sufficiently satisfied to send the completed sets of both Op. 116 and Op. 117 to his publisher, and they appeared in print in November 1892.

Brahms’s late piano works hold a particular fascination for their extraordinary complexity, depth of feeling, and—depending on the piece in question—either extreme introversion or fiery bravura display. The Fantasies (individually titled Intermezzos and Capriccios) are unusual among these groups of works for containing strong thematic and tonal links between pieces: in particular, patterns of falling thirds within the three Capriccios, and movement by step (often chromatically) in the Intermezzos. There is also a sense of dramatic shape across the opus. The energetic opening Capriccio gives way to a melancholic A-minor Intermezzo; this tumbles into the G-minor Capriccio, with its passionato falling thirds and noble E flat–major central section; and there then follows a chain of three Intermezzos (E major, E minor, and E major) that turn inward in their dreamy lyricism, discomfort, and wistfulness. Finally, Brahms returns to D minor for a storm of diminished sevenths and building tension in the closing Capriccio, and a last-minute major key resolution. Careful pianistic choreography, singing inner voices, dipping cross-rhythms, and subtle plays of counterpoint abound throughout the opus.

While the majority of Brahms’s circle was deeply admiring of these works, there was some discussion, both privately and in public reviews, that many of the composer’s Fantasies and Piano Pieces were not really suitable for performance in the concert hall due to their highly intimate and introspective nature. Clara Schumann captured the deeply private character of the Fantasies in her diary: “The Brahms pieces are, in terms of dexterity, not difficult except for a few places; but the spiritual technique requires a fine understanding, and one must be very familiar with Brahms to attempt to make it show as he thought of it. I have studied it with great love and play it, I think, in his spirit.”


Katy Hamilton is a writer and presenter on music, specializing in 19th-century German repertoire. She has published on the music of Brahms and on 20th-century British concert life and appears as a speaker at concerts and festivals across the UK and on BBC Radio 3.


Sonatas and Fantasies
Piano Works by Schubert, Brahms, and Tveitt

Katy Hamilton


A Startling New Landscape

The year 1822 marked a new level of independence and professional progress for Franz Schubert. Now lodging with his friend Franz von Schober, the 25-year-old composed a string of new vocal and instrumental works and saw some of his earliest opuses into print. In November, he completed the mighty “Wanderer” Fantasy, a work virtuosic in terms of both its pianistic demands and its ingenious four-movements-in-one structure. Four months later, Schubert returned to a more traditional three-movement form in his Sonata in A minor D 784. Yet despite its familiar format, this work presents a startling new landscape of unfamiliar textures, unusual pacing, and unsettling harmonies.

The opening Allegro giusto—longer than the two remaining movements combined—begins with bare pianissimo octaves, a disconcerting first gesture that gradually evolves into a an almost orchestral restatement. As the movement progresses, Schubert provides a gentler and more lyrical second subject in E; but this is soon undermined as the music tips repeatedly between major and minor harmonies, and eventually peters out into silence. Indeed, the entire movement is marked by a deliberate avoidance of architectural signposting: there is little sense of culmination at crucial structural moments, and Schubert makes particularly effective use of silence to this end. This is equally true of the rich and melancholy second movement, whose opening melody is perpetually interrupted by sinister pianissimo interjections. The finale alternates dashing triplet scale work, almost Bachian on the page, with bracing octaves and yet another lyrical idea knocked askew by strange chromatic colorings.

As with so much of Schubert’s work, the Sonata did not appear in print during his lifetime. It was among the substantial batch of manuscripts (also including the String Quintet D 956, the Octet D 803, and a vast number of songs) sold by the composer’s brother Ferdinand to the publisher Diabelli in 1829. It was finally printed in the spring of 1839, bearing a dedication from Diabelli to Felix Mendelssohn—whom, of course, Schubert never knew.


Ethereal Sounds


The name Geirr Tveitt is not familiar to most music lovers outside of Norway, although many of Tveitt’s teachers and associates are musicians whose stories we know well. When he was 20, Tveitt enrolled at the Leipzig Conservatory (a somewhat mixed experience, as far as he was concerned) before relocating to Paris in 1932 and joining the class of Nadia Boulanger. He also spent time with Arthur Honegger, Heitor Villa-Lobos, and, later, Egon Wellesz in Vienna—in other words, by the late 1930s he was intimately familiar with a range of musical styles and approaches from a number of different countries. Tveitt also became increasingly involved in studying Norwegian folk music, developing a strongly nationalist theory of composition. His most substantial work is a collection of orchestral arrangements, A Hundred Hardanger Tunes (he was himself a native of Hardanger, the area around Bergen), written between 1954 and 1963. He composed prolifically—it is estimated that he wrote around 300 opuses—and also toured extensively as a pianist. But he stored all his manuscripts at his family home in Kvam, and in 1970 a fire broke out which not only razed his house to the ground, but also destroyed the vast majority of his compositions.

The piece on tonight’s program, the Sonata No. 29 Sonata etere, is therefore a rare and precious survivor—the only one of his piano sonatas to remain extant. Composed in the late 1940s, its three movements each bear evocative titles that reveal something of their character. The opening “In cerca di…” (In search of) sets in motion a spinning, circling right-hand pattern against a stridently bitonal left-hand melody. The floating cluster chords that appear later in the movement seem reminiscent of Debussy, though the music’s driving rhythmic force bring Bartók and Prokofiev to mind. The motive with which this movement begins is one of two principal themes in the Sonata, and what follows is based on repetition and shifting rhythmic emphasis rather than traditional notions of development. It is the central movement that gives the Sonata its name: “Tono etereo in variazoni” (Ethereal tones in variations). This begins with a series of silently depressed cluster chords that are made to resonate by playing staccato notes above them as the sustain pedal is held down—and Tveitt then marks the score with dynamic changes to be achieved using a microphone and amplifier. The effect is indeed ethereal, a halo of ghostly echoing harmonies. This opening section is one of 19 in the movement, and it is section number two (marking a return to normal pianistic technique) that provides the work’s second theme. This then forms the basis of a series of variations for much of the rest of the movement, which ultimately fades into ringing chords as it began. The finale, “Tempo di pulsazione,” surges forwards with increasing percussive urgency: the score is littered with accents and instructions to emphasize and hold certain crucial notes. This momentum eventually peters out, and we are left suspended in delicately echoing chords at the piece’s close.


A Sonata in Disguise


The second half of the program consists of a sequence of single-movement compositions that combine the curious qualities of working as entirely independent pieces but also suggesting broader connections outside themselves. Indeed, Schubert’s second collection of Impromptus D 935 seemed so closely linked as an opus that Robert Schumann believed the individual pieces must have been originally intended as a sonata. In particular it was the first “movement,” the F-minor Impromptu, that led him to this conclusion, which he felt bore all the markers of an opening sonata gambit: a dramatically rhetorical introductory gesture, the busy textures of an unfolding allegro, and a twinklingly lyrical second subject in a major key.

And yet when Schubert sent the score of the four pieces to a publisher in early 1828, he reported that these works—which he classified himself as “Impromptus”—were suitable for publication either together or separately. That he described them in this way is significant: Schubert’s first set of Impromptus (as we now know them, D 899) had been given this designation by the publisher, not the composer, just a few months earlier. Schubert’s decision to hang onto the same title with this new group, and treat the matter of publication pragmatically, is a salutary reminder that professional musicians had to adjust ideas and expectations to suit their potential market. Just as Schubert’s A-minor Sonata had been posthumously published with a dedication to Mendelssohn, so the Impromptus D 935 eventually appeared in 1849—in two books of two pieces each—with a dedication to Franz Liszt.


Intimate and Introspective Masterworks


In the summer of 1892, Johannes Brahms returned to his beloved summer retreat of Ischl, in Upper Austria. Here he began work on a number of pieces for solo piano that were subsequently to appear in his last four opuses for the instrument: the Fantasies Op. 116, the three Intermezzos Op. 117, and the Piano Pieces Opp. 118 and 119. (It seems likely, based on surviving correspondence, that several more works were completed and discarded by this highly self-critical composer.) By the autumn, Brahms was sufficiently satisfied to send the completed sets of both Op. 116 and Op. 117 to his publisher, and they appeared in print in November 1892.

Brahms’s late piano works hold a particular fascination for their extraordinary complexity, depth of feeling, and—depending on the piece in question—either extreme introversion or fiery bravura display. The Fantasies (individually titled Intermezzos and Capriccios) are unusual among these groups of works for containing strong thematic and tonal links between pieces: in particular, patterns of falling thirds within the three Capriccios, and movement by step (often chromatically) in the Intermezzos. There is also a sense of dramatic shape across the opus. The energetic opening Capriccio gives way to a melancholic A-minor Intermezzo; this tumbles into the G-minor Capriccio, with its passionato falling thirds and noble E flat–major central section; and there then follows a chain of three Intermezzos (E major, E minor, and E major) that turn inward in their dreamy lyricism, discomfort, and wistfulness. Finally, Brahms returns to D minor for a storm of diminished sevenths and building tension in the closing Capriccio, and a last-minute major key resolution. Careful pianistic choreography, singing inner voices, dipping cross-rhythms, and subtle plays of counterpoint abound throughout the opus.

While the majority of Brahms’s circle was deeply admiring of these works, there was some discussion, both privately and in public reviews, that many of the composer’s Fantasies and Piano Pieces were not really suitable for performance in the concert hall due to their highly intimate and introspective nature. Clara Schumann captured the deeply private character of the Fantasies in her diary: “The Brahms pieces are, in terms of dexterity, not difficult except for a few places; but the spiritual technique requires a fine understanding, and one must be very familiar with Brahms to attempt to make it show as he thought of it. I have studied it with great love and play it, I think, in his spirit.”


Katy Hamilton is a writer and presenter on music, specializing in 19th-century German repertoire. She has published on the music of Brahms and on 20th-century British concert life and appears as a speaker at concerts and festivals across the UK and on BBC Radio 3.


Der Künstler

Leif Ove Andsnes
Klavier

Leif Ove Andsnes wurde 1970 im norwegischen Karmøy geboren und absolvierte seine Ausbildung bei Jiri Hlinka am Konservatorium von Bergen. Er gehört zu den erfolgreichsten Pianisten seiner Generation und tritt regelmäßig mit den bedeutendsten Orchestern in den wichtigsten Musikzentren weltweit auf. Als Artist in Residence war er u.a. den Berliner Philharmonikern, dem New York Philharmonic und dem London Symphony Orchestra verbunden und kuratierte außerdem die Reihe „Perspectives“ an der New Yorker Carnegie Hall. Ein wichtiger künstlerischer Partner ist das Mahler Chamber Orchestra, mit dem er während der vergangenen Jahre die beiden großangelegten Projekte „A Beethoven Journey“ und „Mozart Momentum 1785/86“ jeweils mit den Klavierkonzerten beider Komponisten realisierte. Seine Einspielungen wurden mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u.a. gewann er sieben Gramophone Awards und erhielt 11 Grammy-Nominierungen. Leif Ove Andsnes ist Gründungsdirektor des Rosendal Chamber Music Festival, war künstlerischer Leiter des Ojai Festival in Kalifornien und bekleidete für knapp 20 Jahre den Posten des künstlerischen Co-Direktors des Risør Kammermusikfestivals.

März 2024

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