Magdalena Kožená  Mezzosopran
Mitsuko Uchida  Klavier

Programm

Werke von Claude Debussy und Olivier Messiaen

Claude Debussy (1862–1918)
Chansons de Bilitis (1897–98)

I. La Flûte de Pan
II. La Chevelure
III. Le Tombeau des Naïades
 

Cinq poèmes de Baudelaire (1887–89)

I. Le Balcon
II. Harmonie du soir
III. Le Jet d’eau
IV. Recueillement
V. La Mort des amants


Pause


Claude Debussy
Ariettes oubliées (1885–1888)

I. C’est l’extase langoureuse
II. Il pleure dans mon coeur
III. L’Ombre des arbres
IV. Chevaux de bois
V. Green
VI. Spleen

 

Olivier Messiaen (1908–1992)
aus Poèmes pour Mi (1936–37)

V. L’Epouse
VI. Ta voix
VII. Les deux guerriers
VIII. Le Collier
IX. Prière exaucée

 

Zugabe:
Leoš Janáček (1854–1928)
Łavečka
aus Mährische Volkslieder

Claude Debussy (1862–1918)
Chansons de Bilitis (1897–98)

I. La Flûte de Pan
II. La Chevelure
III. Le Tombeau des Naïades
 

Cinq poèmes de Baudelaire (1887–89)

I. Le Balcon
II. Harmonie du soir
III. Le Jet d’eau
IV. Recueillement
V. La Mort des amants


Pause


Claude Debussy
Ariettes oubliées (1885–1888)

I. C’est l’extase langoureuse
II. Il pleure dans mon coeur
III. L’Ombre des arbres
IV. Chevaux de bois
V. Green
VI. Spleen

 

Olivier Messiaen (1908–1992)
aus Poèmes pour Mi (1936–37)

V. L’Epouse
VI. Ta voix
VII. Les deux guerriers
VIII. Le Collier
IX. Prière exaucée

 

Zugabe:
Leoš Janáček (1854–1928)
Łavečka
aus Mährische Volkslieder

Claude Debussy, 1904
(Bibliothèque national de France)

Überdruss, Rausch und ewige Liebe

Im Frankreich des 19. Jahrhunderts war die Bezeichnung „le lied“ ausschließlich deutschen Kunstliedern vorbehalten, allen voran denjenigen Franz Schuberts. Dessen kompositorische Innovationen hatten eine nachhaltige Wirkung auf die Pariser Musikwelt und trugen in der Folge maßgeblich zur Entstehung des französischen Pendants, der mélodie, bei. Unter diesem eher vagen Überbegriff versammeln sich die im heutigen Programm zu hörenden „Lieder“ Claude Debussys und Olivier Messiaens, deren individuelle Bezeichnungen – chansons, ariettes und poèmes – ebenso uneindeutig wie aufschlussreich sind.

Essay von Meike Pfister

Überdruss, Rausch und ewige Liebe
Lieder von Claude Debussy und Olivier Messiaen

Meike Pfister


Bei der Interpretation von Kunstliedern wird gern jedes Wort auf die Waagschale gelegt. Daher sei auch hier vorab etwas begriffliche Pedanterie gestattet: Lieder findet, wer spitzfindig ist, im heutigen Liederabend nicht – dafür chansons, ariettes und poèmes. „Le lied“ war als Bezeichnung im Frankreich des 19. Jahrhunderts ausschließlich deutschen Kunstliedern vorbehalten, allen voran denjenigen Franz Schuberts. Dessen neuartiger Umgang mit Text, Stimme und Klavierbegleitung hatte eine nachhaltige Wirkung auf die Pariser Musikwelt und trug in der Folge maßgeblich zur Entstehung des französischen Pendants, der mélodie, bei. Unter diesem eher vagen Überbegriff – er deutet hauptsächlich auf eine anspruchsvolle Textvorlage hin, auf die Abwendung vom Salon- und Volksliedhaften sowie auf eine komplexe Komposition, die vor allem den Klavierpart aufwertet – versammeln sich die heutigen „Lieder“ Claude Debussys und Olivier Messiaens, deren individuelle Bezeichnungen ebenso uneindeutig wie aufschlussreich sind: Chansons können alle Arten von Liedern sein, auch volkstümliche, wie sie seit jeher gesungen wurden, etwa in der Antike, der die Gestalt der Bilitis, eine griechische Kurtisane, entsprungen ist. Poème hingegen führt in den Bereich des Symphonischen („poème symphonique“ ist die Bezeichnung für Symphonische Dichtung) oder aber spielt auf die erhöhte Bedeutung des Textes an – im Falle der Cinq poèmes de Baudelaire und der Poèmes pour Mi scheint beides zutreffend. Die Bezeichnung ariette („kleine Arie“) übernahm Debussy, wie auch im Falle der Chansons de Bilitis, der zugrundeliegenden Dichtung Paul Verlaines. Dieser ließ sowohl sprachlich als auch in der Benennung seiner Gedichte etwa als chansons, „romances sans paroles“ (Lieder ohne Worte) oder eben „ariettes oubliées“ die Grenzen zwischen Dichtung und Musik verschwimmen. Dass sich in diesem Begriffsnetz keine scharfen Grenzen ziehen lassen, mag verwirren, passt aber zur Ästhetik des heutigen Programms: „Es muss unschärfer klingen“, forderte Debussy einmal gegenüber dem Dirigenten Chevillard. „Sie meinen schneller?“ „Nein, unschärfer.“ „Meinen Sie langsamer?“ „Nein, ich meine unschärfer.“

Dieses Zwiegespräch ereignete sich im Jahr 1901 während der Proben zu Debussys Nocturnes – ein Werk, das als Inbegriff impressionistischer Musik gelten kann und das eine Diskussion über Konturen, Licht und Schatten kaum vermeidbar erscheinen lässt. Debussy war jedoch nicht nur Impressionist, sondern ein geistiges Kind des Fin de siècle und somit empfänglich für unterschiedlichste Kunstströmungen wie den Symbolismus und den Jugendstil. Letzterer klingt in den 1897/98 entstandenen Chansons de Bilitis, in ihren erotischen Sujets, ihrem gleichsam ziellosen Fluss, der Offenheit der Phrasen, der entschlackten Tonsprache sowie in der Mattigkeit ihrer Atmosphäre immer wieder an. Eher ungewöhnlich sind in diesem Zusammenhang die in der Komposition naturalistisch dargestellten Frösche gegen Ende des ersten Liedes La Flûte de Pan. Ihr Gesang dringt in eine pastorale Liebesszene und erinnert die Erzählerin an die nahende Nacht und daran, dass ihr Fernbleiben gegenüber der Mutter nur schwer zu begründen sein werde.

Sich rankendes, verschlungenes Haar, das im zweiten Lied La Chevelure die vollständige Vereinigung zweier Liebender verbildlicht, erinnert an manche Jugendstildarstellung. Debussy lässt das Bild in verschiedenster Hinsicht in seine Musik fließen, etwa indem er nach einer kurzen Einleitung ein wiederkehrendes, in sich kreisendes und nicht zielgerichtetes Motiv im Klavier einführt. Bei „nous étions liés pour toujours ainsi“ umschlingen sich schließlich nicht nur die Liebenden und deren Haare, sondern auch die Gesangs- und Klavierstimme, die sich gegenläufig auf und ab bewegen.

Insgesamt ist der Gesang ausgesprochen nah an den Sprachrhythmus der Prosadichtung Pierre Louÿs’ angelehnt. Es scheint, als sei die Unterscheidung zwischen Sprechen und Singen hinfällig, als seien Dichtung und Musik eins – Merkmale, die Debussys Werke fortan immer wieder auszeichnen sollten, nicht zuletzt in seiner Oper Pelléas et Mélisande.

***

Pierre Louÿs’ Bilitis-Gedichte kursierten zu Beginn als antike Originale, ohne dass die wahre Urheberschaft bekannt war, und riefen nicht nur bei Debussy Begeisterung hervor. In Paris lernten sich die beiden Künstler durch Vermittlung Erik Saties persönlich kennen. So erfuhr Debussy von der genialen „Fälschung“ – gestört hat sie ihn dieser Umstand nicht, zu sehr entsprachen Louÿs’ Ansichten seiner eigenen Ästhetik formaler Freiheit: „Le rythme du vers porté à sa perfection rendrait […] la rime inutile.“ („Mit der Vervollkommnung des Versrhythmus’ wurde der Reim überflüssig.“)

„Klarheit, Knappheit des Ausdrucks und der Form“ seien Grundeigenschaften eines „musicien français“, wie sich Debussy selbst gern nannte. In den kurzen, klanglich reduzierten Bilitis-Liedern scheint dieses Ideal verwirklicht – ganz im Gegensatz zu den zehn Jahre früher entstandenen Cinq poèmes de Baudelaire. Allein das erste Lied Le Balcon hat eine Länge von gut acht Minuten und macht in seiner dichten Klavierbegleitung, der chromatischen Harmonik und seiner Expressivität den Einfluss eines Komponisten deutlich, über den Debussy (und die gesamte Musikwissenschaft seiner Zeit) so viel nachdachte wie über sonst niemanden: „Wagner! Ja, ihn! Diesen Wagner, diesen Wagner, der uns Wotan auf den Hals geschickt hat, diesen majestätischen, hohlen, abgeschmackten Wotan!“ So echauffierte sich Debussy 1904 über denjenigen deutschen Musiker, der seines Erachtens in Frankreich über Jahrzehnte die Kulturlandschaft vergiftet und die wahren französischen Qualitäten erstickt hatte. 1888, zur Entstehungszeit der Cinq poèmes de Baudelaire, standen die Sterne allerdings noch gänzlich anders: Debussy pilgerte als begeisterter Wagnerianer nach Bayreuth, um sich Parsifal und Die Meistersinger anzuhören (und wiederholte seinen Besuch im folgenden Jahr zu einer Aufführung von Tristan und Isolde).

Noch fanatischer war Charles Baudelaire, der Wagners Musik neben Haschisch, Wein und Opium in die Reihe seiner Lieblingsdrogen aufnahm, welche er – im Dienste einer notwendigen inneren Entgrenzung und Befreiung – regelmäßig konsumierte. Dass die symbolistischen Gedichte seiner ebenso berühmten wie skandalösen Sammlung Les Fleurs du mal beim jungen Debussy auf Resonanz stießen, verwundert also nicht. Die rätselhaften, teils morbiden, teils erotischen, um Liebe und Liebestod kreisenden, aber stets in Andeutungen verharrenden Texte voller Musikalität fasst Debussy in einen quasi-orchestralen Klangrausch, wie er sich in seinen übrigen Liedern nirgends findet. Bezeichnenderweise ist Le Jet d’eau dann auch das einzige seiner Klavierlieder, das Debussy jemals für Orchester instrumentiert hat.

Kurz vor den Baudelaire-Vertonungen, zwischen 1885 und 1887, entstand die erste Fassung der Ariettes oubliées. 1903 revidierte Debussy die „Verlorenen Arien“ und widmete sie der Sängerin Mary Garden, die im Jahr zuvor in der Uraufführung von Pelléas et Mélisande die weibliche Hauptrolle gesungen hatte. Paul Verlaines Texte sind in ihrer symbolistischen Schreibweise und der schwermütigen Stimmung Baudelaire verwandt, musikalisch sprechen die sechs Lieder jedoch eine andere Sprache – eine Sprache, die noch nicht durch Debussys späteres Wagner-Erlebnis in Bayreuth beeinflusst ist.

Bereits im ersten Stück manifestiert sich der zwiespältige Tonfall des gesamten Zyklus – C’est l’extase langoureuse („Dies ist die müde Verzückung“). Musikalisch scheint in dem durchweg pianissimo gehaltenen Lied mit seinem fallenden Hauptmotiv das ermattete Schmachten vorzuherrschen. Ekstase und Verzückung melden sich musikalisch nur einmal kurz zu Wort, wenn das lyrische Ich sein Gegenüber direkt anspricht und fragt, ob die klagende Seele, die es zuvor natursymbolisch beschreibt, nicht „die unsere“ sei: „C’est la nôtre, n’est-ce pas? La mienne, dis, et la tienne“ („Es ist die unsere, nicht? Die meine, sprich! und die deine“). 

Liebes- und Weltschmerz eines überdrüssigen Subjekts stehen auch im Zentrum der folgenden Lieder (mit Ausnahme von Chevaux de bois). Doch der Grund für diese Verfassung ist selbst dem oder der Leidenden nicht immer klar. So heißt es in Il pleure dans mon cœur: „Ce deuil est sans raison. C’est bien la pire peine.“ („Mein Leid ist ohne Grund. Das ist das schwerste Leiden.“) Der Titel des letzten Liedes bringt die allgemeine Stimmungslage abschließend noch einmal auf den Punkt. Spleen, ein aus dem Englischen stammender Begriff, der durch Baudelaire populär wurde, vereint den grenzenlosen Überdruss und Weltschmerz des Fin de siècle in nur einem Wort.

***

Auch Olivier Messiaen kam nicht umhin, sich mit Richard Wagner auseinanderzusetzen: Schon als Kind beschäftigte er sich mit dessen Partituren und hielt – anders als Debussy – ein Leben lang an seiner Verehrung fest. Nicht nur in Messiaens wiederholter Auseinandersetzung mit dem Tristan-Mythos zeigt sich der Einfluss des Musikdramatikers; auch die Tatsache, dass Messiaen fast alle seine vertonten Texte selbst verfasste und in seinen Liederzyklen ein Vorliebe für hochdramatische Sopranstimmen hegte, könnte durch Wagners Vorbild mitbestimmt sein. Dennoch findet sich bei dem französischen Komponisten und Organisten eine gänzlich andere Musikauffassung: Strebte Wagner nach Erlösung durch die Kunst (namentlich seine eigene), so glaubte der tief katholische Messiaen einzig und allein an die Erlösung durch Gott, dem er mit jedem Ton seiner Musik zu dienen suchte.

Die 1936 entstandenen Poèmes pour Mi besingen daher nie nur die Liebe zwischen Mann und Frau sowie das Eheleben, sondern immer auch die Vereinigung mit und Erlösung durch Gott – so vor allem im letzten Lied Prière exaucée – die schlussendlich erst im Tod gefunden werden kann. Messiaen spart konsequenterweise die Grausamkeiten des Erdendaseins, denen sich die beiden Eheleute gemeinsam zu stellen haben, nicht aus – am augenscheinlichsten ist in Les deux guerriers davon zu hören. Es bleibt unklar, wie stark die Texte biographisch gelesen werden können. Tatsache ist, dass der Zyklus für Messiaens erste Frau, die Geigerin Claire Delbos entstand, die er mit Spitznamen Mi nannte. So uneindeutig, symbolgetränkt und teilweise fast surrealistisch die Texte sind, so sehr vermeidet auch die Musik festen Halt, wie er etwa durch einen Grundton oder klassische, zielgerichtete Rhythmik gegeben wäre. Statt dessen verwendet Messiaen symmetrische Rhythmen (vorwärts und rückwärts gleich), Vogelgesänge (etwa Am Ende von Ta voix) oder bestimmte Akkorde (oftmals Varianten von Fis-Dur), die allesamt etwas Anderes symbolisieren: Diese Musik strebt in göttliche Ewigkeit.


Meike Pfister lebt als Pianistin, Musikwissenschaftlerin und Moderatorin in Berlin und ist hauptsächlich an der Universität der Künste und der Philharmonie Berlin sowie an der Elbphilharmonie in Hamburg tätig.
 

Überdruss, Rausch und ewige Liebe
Lieder von Claude Debussy und Olivier Messiaen

Meike Pfister


Bei der Interpretation von Kunstliedern wird gern jedes Wort auf die Waagschale gelegt. Daher sei auch hier vorab etwas begriffliche Pedanterie gestattet: Lieder findet, wer spitzfindig ist, im heutigen Liederabend nicht – dafür chansons, ariettes und poèmes. „Le lied“ war als Bezeichnung im Frankreich des 19. Jahrhunderts ausschließlich deutschen Kunstliedern vorbehalten, allen voran denjenigen Franz Schuberts. Dessen neuartiger Umgang mit Text, Stimme und Klavierbegleitung hatte eine nachhaltige Wirkung auf die Pariser Musikwelt und trug in der Folge maßgeblich zur Entstehung des französischen Pendants, der mélodie, bei. Unter diesem eher vagen Überbegriff – er deutet hauptsächlich auf eine anspruchsvolle Textvorlage hin, auf die Abwendung vom Salon- und Volksliedhaften sowie auf eine komplexe Komposition, die vor allem den Klavierpart aufwertet – versammeln sich die heutigen „Lieder“ Claude Debussys und Olivier Messiaens, deren individuelle Bezeichnungen ebenso uneindeutig wie aufschlussreich sind: Chansons können alle Arten von Liedern sein, auch volkstümliche, wie sie seit jeher gesungen wurden, etwa in der Antike, der die Gestalt der Bilitis, eine griechische Kurtisane, entsprungen ist. Poème hingegen führt in den Bereich des Symphonischen („poème symphonique“ ist die Bezeichnung für Symphonische Dichtung) oder aber spielt auf die erhöhte Bedeutung des Textes an – im Falle der Cinq poèmes de Baudelaire und der Poèmes pour Mi scheint beides zutreffend. Die Bezeichnung ariette („kleine Arie“) übernahm Debussy, wie auch im Falle der Chansons de Bilitis, der zugrundeliegenden Dichtung Paul Verlaines. Dieser ließ sowohl sprachlich als auch in der Benennung seiner Gedichte etwa als chansons, „romances sans paroles“ (Lieder ohne Worte) oder eben „ariettes oubliées“ die Grenzen zwischen Dichtung und Musik verschwimmen. Dass sich in diesem Begriffsnetz keine scharfen Grenzen ziehen lassen, mag verwirren, passt aber zur Ästhetik des heutigen Programms: „Es muss unschärfer klingen“, forderte Debussy einmal gegenüber dem Dirigenten Chevillard. „Sie meinen schneller?“ „Nein, unschärfer.“ „Meinen Sie langsamer?“ „Nein, ich meine unschärfer.“

Dieses Zwiegespräch ereignete sich im Jahr 1901 während der Proben zu Debussys Nocturnes – ein Werk, das als Inbegriff impressionistischer Musik gelten kann und das eine Diskussion über Konturen, Licht und Schatten kaum vermeidbar erscheinen lässt. Debussy war jedoch nicht nur Impressionist, sondern ein geistiges Kind des Fin de siècle und somit empfänglich für unterschiedlichste Kunstströmungen wie den Symbolismus und den Jugendstil. Letzterer klingt in den 1897/98 entstandenen Chansons de Bilitis, in ihren erotischen Sujets, ihrem gleichsam ziellosen Fluss, der Offenheit der Phrasen, der entschlackten Tonsprache sowie in der Mattigkeit ihrer Atmosphäre immer wieder an. Eher ungewöhnlich sind in diesem Zusammenhang die in der Komposition naturalistisch dargestellten Frösche gegen Ende des ersten Liedes La Flûte de Pan. Ihr Gesang dringt in eine pastorale Liebesszene und erinnert die Erzählerin an die nahende Nacht und daran, dass ihr Fernbleiben gegenüber der Mutter nur schwer zu begründen sein werde.

Sich rankendes, verschlungenes Haar, das im zweiten Lied La Chevelure die vollständige Vereinigung zweier Liebender verbildlicht, erinnert an manche Jugendstildarstellung. Debussy lässt das Bild in verschiedenster Hinsicht in seine Musik fließen, etwa indem er nach einer kurzen Einleitung ein wiederkehrendes, in sich kreisendes und nicht zielgerichtetes Motiv im Klavier einführt. Bei „nous étions liés pour toujours ainsi“ umschlingen sich schließlich nicht nur die Liebenden und deren Haare, sondern auch die Gesangs- und Klavierstimme, die sich gegenläufig auf und ab bewegen.

Insgesamt ist der Gesang ausgesprochen nah an den Sprachrhythmus der Prosadichtung Pierre Louÿs’ angelehnt. Es scheint, als sei die Unterscheidung zwischen Sprechen und Singen hinfällig, als seien Dichtung und Musik eins – Merkmale, die Debussys Werke fortan immer wieder auszeichnen sollten, nicht zuletzt in seiner Oper Pelléas et Mélisande.

***

Pierre Louÿs’ Bilitis-Gedichte kursierten zu Beginn als antike Originale, ohne dass die wahre Urheberschaft bekannt war, und riefen nicht nur bei Debussy Begeisterung hervor. In Paris lernten sich die beiden Künstler durch Vermittlung Erik Saties persönlich kennen. So erfuhr Debussy von der genialen „Fälschung“ – gestört hat sie ihn dieser Umstand nicht, zu sehr entsprachen Louÿs’ Ansichten seiner eigenen Ästhetik formaler Freiheit: „Le rythme du vers porté à sa perfection rendrait […] la rime inutile.“ („Mit der Vervollkommnung des Versrhythmus’ wurde der Reim überflüssig.“)

„Klarheit, Knappheit des Ausdrucks und der Form“ seien Grundeigenschaften eines „musicien français“, wie sich Debussy selbst gern nannte. In den kurzen, klanglich reduzierten Bilitis-Liedern scheint dieses Ideal verwirklicht – ganz im Gegensatz zu den zehn Jahre früher entstandenen Cinq poèmes de Baudelaire. Allein das erste Lied Le Balcon hat eine Länge von gut acht Minuten und macht in seiner dichten Klavierbegleitung, der chromatischen Harmonik und seiner Expressivität den Einfluss eines Komponisten deutlich, über den Debussy (und die gesamte Musikwissenschaft seiner Zeit) so viel nachdachte wie über sonst niemanden: „Wagner! Ja, ihn! Diesen Wagner, diesen Wagner, der uns Wotan auf den Hals geschickt hat, diesen majestätischen, hohlen, abgeschmackten Wotan!“ So echauffierte sich Debussy 1904 über denjenigen deutschen Musiker, der seines Erachtens in Frankreich über Jahrzehnte die Kulturlandschaft vergiftet und die wahren französischen Qualitäten erstickt hatte. 1888, zur Entstehungszeit der Cinq poèmes de Baudelaire, standen die Sterne allerdings noch gänzlich anders: Debussy pilgerte als begeisterter Wagnerianer nach Bayreuth, um sich Parsifal und Die Meistersinger anzuhören (und wiederholte seinen Besuch im folgenden Jahr zu einer Aufführung von Tristan und Isolde).

Noch fanatischer war Charles Baudelaire, der Wagners Musik neben Haschisch, Wein und Opium in die Reihe seiner Lieblingsdrogen aufnahm, welche er – im Dienste einer notwendigen inneren Entgrenzung und Befreiung – regelmäßig konsumierte. Dass die symbolistischen Gedichte seiner ebenso berühmten wie skandalösen Sammlung Les Fleurs du mal beim jungen Debussy auf Resonanz stießen, verwundert also nicht. Die rätselhaften, teils morbiden, teils erotischen, um Liebe und Liebestod kreisenden, aber stets in Andeutungen verharrenden Texte voller Musikalität fasst Debussy in einen quasi-orchestralen Klangrausch, wie er sich in seinen übrigen Liedern nirgends findet. Bezeichnenderweise ist Le Jet d’eau dann auch das einzige seiner Klavierlieder, das Debussy jemals für Orchester instrumentiert hat.

Kurz vor den Baudelaire-Vertonungen, zwischen 1885 und 1887, entstand die erste Fassung der Ariettes oubliées. 1903 revidierte Debussy die „Verlorenen Arien“ und widmete sie der Sängerin Mary Garden, die im Jahr zuvor in der Uraufführung von Pelléas et Mélisande die weibliche Hauptrolle gesungen hatte. Paul Verlaines Texte sind in ihrer symbolistischen Schreibweise und der schwermütigen Stimmung Baudelaire verwandt, musikalisch sprechen die sechs Lieder jedoch eine andere Sprache – eine Sprache, die noch nicht durch Debussys späteres Wagner-Erlebnis in Bayreuth beeinflusst ist.

Bereits im ersten Stück manifestiert sich der zwiespältige Tonfall des gesamten Zyklus – C’est l’extase langoureuse („Dies ist die müde Verzückung“). Musikalisch scheint in dem durchweg pianissimo gehaltenen Lied mit seinem fallenden Hauptmotiv das ermattete Schmachten vorzuherrschen. Ekstase und Verzückung melden sich musikalisch nur einmal kurz zu Wort, wenn das lyrische Ich sein Gegenüber direkt anspricht und fragt, ob die klagende Seele, die es zuvor natursymbolisch beschreibt, nicht „die unsere“ sei: „C’est la nôtre, n’est-ce pas? La mienne, dis, et la tienne“ („Es ist die unsere, nicht? Die meine, sprich! und die deine“). 

Liebes- und Weltschmerz eines überdrüssigen Subjekts stehen auch im Zentrum der folgenden Lieder (mit Ausnahme von Chevaux de bois). Doch der Grund für diese Verfassung ist selbst dem oder der Leidenden nicht immer klar. So heißt es in Il pleure dans mon cœur: „Ce deuil est sans raison. C’est bien la pire peine.“ („Mein Leid ist ohne Grund. Das ist das schwerste Leiden.“) Der Titel des letzten Liedes bringt die allgemeine Stimmungslage abschließend noch einmal auf den Punkt. Spleen, ein aus dem Englischen stammender Begriff, der durch Baudelaire populär wurde, vereint den grenzenlosen Überdruss und Weltschmerz des Fin de siècle in nur einem Wort.

***

Auch Olivier Messiaen kam nicht umhin, sich mit Richard Wagner auseinanderzusetzen: Schon als Kind beschäftigte er sich mit dessen Partituren und hielt – anders als Debussy – ein Leben lang an seiner Verehrung fest. Nicht nur in Messiaens wiederholter Auseinandersetzung mit dem Tristan-Mythos zeigt sich der Einfluss des Musikdramatikers; auch die Tatsache, dass Messiaen fast alle seine vertonten Texte selbst verfasste und in seinen Liederzyklen ein Vorliebe für hochdramatische Sopranstimmen hegte, könnte durch Wagners Vorbild mitbestimmt sein. Dennoch findet sich bei dem französischen Komponisten und Organisten eine gänzlich andere Musikauffassung: Strebte Wagner nach Erlösung durch die Kunst (namentlich seine eigene), so glaubte der tief katholische Messiaen einzig und allein an die Erlösung durch Gott, dem er mit jedem Ton seiner Musik zu dienen suchte.

Die 1936 entstandenen Poèmes pour Mi besingen daher nie nur die Liebe zwischen Mann und Frau sowie das Eheleben, sondern immer auch die Vereinigung mit und Erlösung durch Gott – so vor allem im letzten Lied Prière exaucée – die schlussendlich erst im Tod gefunden werden kann. Messiaen spart konsequenterweise die Grausamkeiten des Erdendaseins, denen sich die beiden Eheleute gemeinsam zu stellen haben, nicht aus – am augenscheinlichsten ist in Les deux guerriers davon zu hören. Es bleibt unklar, wie stark die Texte biographisch gelesen werden können. Tatsache ist, dass der Zyklus für Messiaens erste Frau, die Geigerin Claire Delbos entstand, die er mit Spitznamen Mi nannte. So uneindeutig, symbolgetränkt und teilweise fast surrealistisch die Texte sind, so sehr vermeidet auch die Musik festen Halt, wie er etwa durch einen Grundton oder klassische, zielgerichtete Rhythmik gegeben wäre. Statt dessen verwendet Messiaen symmetrische Rhythmen (vorwärts und rückwärts gleich), Vogelgesänge (etwa Am Ende von Ta voix) oder bestimmte Akkorde (oftmals Varianten von Fis-Dur), die allesamt etwas Anderes symbolisieren: Diese Musik strebt in göttliche Ewigkeit.


Meike Pfister lebt als Pianistin, Musikwissenschaftlerin und Moderatorin in Berlin und ist hauptsächlich an der Universität der Künste und der Philharmonie Berlin sowie an der Elbphilharmonie in Hamburg tätig.
 

Debussys Autograph von C'est l'extase langoureuse, der ersten der Ariettes oubliées
(Bibliothèque national de France)

The Sensual and the Spiritual

The song for solo voice and piano must be the most confessional—and the most intimate—of musical forms. To write a song requires a poem; the creativity of two artists intertwines and embraces so that they become one artistic personality, before reaching out to draw in a third participant—the listener. Listeners, of course, bring their own expectations. With a poet like Shakespeare, safely dead and canonized, those expectations are mutually understood. They can freely be embraced, or played against. Claude Debussy’s preferred poets, however, were often very much alive, and they could be rather more controversial.

Program Note by Richard Bratby

The Sensual and the Spiritual
Songs by Claude Debussy and Olivier Messiaen

Richard Bratby


The song for solo voice and piano must be the most confessional—and the most intimate—of musical forms. To write a song requires a poem; the creativity of two artists intertwines and embraces so that they become one artistic personality, before reaching out to draw in a third participant—the listener. Listeners, of course, bring their own expectations. With a poet like Shakespeare, safely dead and canonized, those expectations are mutually understood. They can freely be embraced, or played against. Claude Debussy’s preferred poets, however, were often very much alive, and they could be rather more controversial. The painter Jacques-Émile Blanche remembers the composer in the early 1890s: “…during late afternoons at Pierre Louÿs’s bachelor flat, seated at a harmonium of no great distinction, playing pages from the newly composed Pelléas. Indolent as he was—a sensualist, a dreamer, a voluptuary—a thousand things distracted him. How many times did I come across him leaving Cuvilliers with a bottle of port and caressing a pot of caviar, which he would consume alone in his unheated flat?”

As part of these circles, Debussy was almost certainly in on the secret of the Chansons de Bilitis. These erotic verses of the imaginary ancient Greek poet Bilitis—a supposed contemporary of Sappho, whose tomb (it was said) had recently been uncovered on the island of Cyprus—fascinated belle-époque Paris when they first appeared in 1894, and their appeal survived the revelation that they were actually the work of their supposed translator, Debussy’s great friend Pierre Louÿs. Louÿs, who was building a reputation as a writer of erotica, enjoyed the sensation that they caused (he had even included a fictional biography of Bilitis, credited to an equally fictional German archaeologist) and Debussy embraced the poems’ delicate, impassioned soul regardless.

Melancholy and ecstasy become one in these three brief, ravishing settings from 1897: “We have nothing to say, so close are we to one another, but our songs try to answer each other and our mouths meet in turn on the flute…” Mimicking the declamation of ancient Greek prosody, Debussy’s vocal lines move freely and uninhibitedly over their evocative, emotionally charged piano accompaniments. For Romain Rolland the Chansons de Bilitis represented the height of perfection in French word-setting.

***

Debussy had joined the Paris Conservatoire at the age of ten: “an excellent pupil, if he were less sketchy and less cavalier”, noted one of his teachers. In 1880, aged 17, he travelled to Russia as the personal pianist of the wealthy Madame Nadezhda von Meck (now famous as the patron of Tchaikovsky). By the late 1880s he was living the vie de bohème in his room on the Rue de Londres, Paris; “a sort of paneled garret, untidily filled with a rickety table, three cane chairs, a sort of bed and a splendid Pleyel piano—on loan, naturally,” according to his friend, the poet Vital Hocquet. He drank up the verse of Baudelaire, Verlaine, and Maeterlinck and was already skeptical of the German classical tradition: “To see the sunrise is more profitable than listening to the Pastoral symphony,” as he put it, through his critical alter ego Monsieur Croche, in 1901.

But every young artist has his phases—his passions—and although he might outgrow them, they leave their imprint on the soul nonetheless. The poetry of Charles Baudelaire never left Debussy: years later, he would head one of his Préludes with a line by the poet: “Les sons et les parfums tournent dans l’air du soir.” The music of Richard Wagner was another matter: a necessary part of a young artist’s development, but a creative personality who repelled Debussy almost as powerfully as he attracted him. He had travelled to Bayreuth in 1888 to hear Parsifal and Die Meistersinger and returned in 1889 for Tristan und Isolde, an experience that momentarily stunned him. “I don’t see what can be done beyond Tristan,” he commented in 1890.

These potent influences come together in the Cinq poèmes de Baudelaire, composed between 1887 and 1889. Wagner is present at full stretch in the languorous Le Balcon, the longest song Debussy ever composed. In Harmonie du soir, Baudelaire channels the sensuous exoticism of a Malay verse-form, the pantoum; the young Debussy responds fluidly and sensitively to its shifting phrases. Le Jet d’eau is one of Debussy’s great water-paintings, a pool of limpid, rippling calm at the heart of the cycle and a delicate upbeat to Recuillement—composed in 1889, probably (by the sound of its opening harmonies) after he had experienced Tristan in the flesh. And the final song, La Mort des amants, was actually the first that he wrote, in December 1887. Even at the age of 27, this degree of simplicity—of closure—was open to the young genius only by looking backwards.

***

During the belle-époque golden age of French song, Paul Verlaine was anything but an establishment figure. Quite apart from the heady, multi-layered language of his poetry, his scandalous personal life—his violent activism as a communard in 1871, his marriage to a 17-year-old girl, his elopement with a new lover, Arthur Rimbaud, and his subsequent imprisonment after shooting Rimbaud in the arm—was hardly the stuff of polite salons. Verlaine was the supreme poète maudit; which did not make him the easiest of colleagues, however strongly musicians were drawn to the intoxicating beauty of his language. Gabriel Fauré attempted several direct collaborations and found the poet drying out in a charity hospital. By now, in 1891, Verlaine was in the grip of alcoholism; when Fauré tried to speak with him again, over absinthe at the Café François, he abandoned the effort as impossible. “How can so wonderfully gifted a human being take pleasure in this constant to-and-fro between café and poorhouse?” he wondered.

Debussy avoided the problem by avoiding the man. In 1885, when he first sketched his Ariettes (later revised in 1903 as Ariettes oubliées, with a dedication to Mary Garden, the great Scottish soprano who created the role of Mélisande), he was far from Paris, at the Villa Medici, the French colony in Rome where winners of the Prix de Rome were dispatched to imbibe classical culture at the source. Some of the songs predate his involuntary exile: Chevaux de bois could be a passionate farewell to Paris and the lively Bohemian world in which he had barely started to find his feet. It would become a great favorite at informal soirées at the Villa, with the near-contemporary L’ombre des arbres as its melancholy counterpart. But Debussy’s distance from Verlaine—and his engagement with such captivating examples of the French language, at a far remove from the temptations of Wagnerism—prompted him to some of his freshest and most characteristic early inspirations. The cycle culminates in the delicate, verdant ecstasies of Green and its desolate postlude Spleen, emotion isolated and evoked, as if by some Japanese calligrapher, with the bare minimum of brushstrokes.

***

In June 1932, Olivier Messiaen married the violinist Claire Delbos. The young couple lived frugally for the first few years; to their shared sorrow, Claire suffered a series of miscarriages. Their mutual Catholic faith provided a source of comfort and strength. To Messiaen, marriage was a spiritual, physical, and emotional bond—and of course a sacrament of the Church, a path to sharing in Divine love. In 1936 the couple bought a plot of land at Pétichet in the French Alps (its remoteness from Paris made it both peaceful, a necessity for a composer, and affordable) and built themselves a small cottage overlooking the Lac de Laffrey and across to the mountain ridge of the Grand Serre. In their first summer there together, Claire and Olivier both composed: she, a set of songs to poems by Messiaen’s mother; he, two books of sensual, spiritually charged love songs to words of his own writing, and dedicated to “Mi”—his pet name for Claire.

Poèmes pour Mi, premiered in April 1937 and subsequently orchestrated by the composer, are a celebration of marital love in both the physical and spiritual sense. Spiritual and sensual walk hand in hand throughout the cycle, from the starbursts of birdsong in Ta voix, to the cycle’s emotional climax in the penultimate song Le Collier: the “necklace” in question is the image, both erotic and sublimely tender, of arms wrapped around the neck of the beloved: “Spring enchained, light rainbow of morning, / Ah! my necklace! Ah! my necklace!” (For Messiaen, who experienced synesthesia, colors, sounds, and physical impressions were all inextricably part of the same sensation.) Olivier’s love for Claire would be both a strength to Messiaen and in time, as she succumbed to mental illness, a source of immeasurable pain; but his sense of his bond with her as something sanctified before God was unwavering. The Poèmes pour Mi, however, come from a place and time of happiness and beauty: 20th-century music has produced few love songs more heartfelt, or more intimate.


Richard Bratby lives in Lichfield, UK, and writes about music and opera for The Spectator, Gramophone, BBC Music Magazine, and The Critic. He is the author of Forward: 100 Years of the City of Birmingham Symphony Orchestra and Classical Music: An Illustrated History.

The Sensual and the Spiritual
Songs by Claude Debussy and Olivier Messiaen

Richard Bratby


The song for solo voice and piano must be the most confessional—and the most intimate—of musical forms. To write a song requires a poem; the creativity of two artists intertwines and embraces so that they become one artistic personality, before reaching out to draw in a third participant—the listener. Listeners, of course, bring their own expectations. With a poet like Shakespeare, safely dead and canonized, those expectations are mutually understood. They can freely be embraced, or played against. Claude Debussy’s preferred poets, however, were often very much alive, and they could be rather more controversial. The painter Jacques-Émile Blanche remembers the composer in the early 1890s: “…during late afternoons at Pierre Louÿs’s bachelor flat, seated at a harmonium of no great distinction, playing pages from the newly composed Pelléas. Indolent as he was—a sensualist, a dreamer, a voluptuary—a thousand things distracted him. How many times did I come across him leaving Cuvilliers with a bottle of port and caressing a pot of caviar, which he would consume alone in his unheated flat?”

As part of these circles, Debussy was almost certainly in on the secret of the Chansons de Bilitis. These erotic verses of the imaginary ancient Greek poet Bilitis—a supposed contemporary of Sappho, whose tomb (it was said) had recently been uncovered on the island of Cyprus—fascinated belle-époque Paris when they first appeared in 1894, and their appeal survived the revelation that they were actually the work of their supposed translator, Debussy’s great friend Pierre Louÿs. Louÿs, who was building a reputation as a writer of erotica, enjoyed the sensation that they caused (he had even included a fictional biography of Bilitis, credited to an equally fictional German archaeologist) and Debussy embraced the poems’ delicate, impassioned soul regardless.

Melancholy and ecstasy become one in these three brief, ravishing settings from 1897: “We have nothing to say, so close are we to one another, but our songs try to answer each other and our mouths meet in turn on the flute…” Mimicking the declamation of ancient Greek prosody, Debussy’s vocal lines move freely and uninhibitedly over their evocative, emotionally charged piano accompaniments. For Romain Rolland the Chansons de Bilitis represented the height of perfection in French word-setting.

***

Debussy had joined the Paris Conservatoire at the age of ten: “an excellent pupil, if he were less sketchy and less cavalier”, noted one of his teachers. In 1880, aged 17, he travelled to Russia as the personal pianist of the wealthy Madame Nadezhda von Meck (now famous as the patron of Tchaikovsky). By the late 1880s he was living the vie de bohème in his room on the Rue de Londres, Paris; “a sort of paneled garret, untidily filled with a rickety table, three cane chairs, a sort of bed and a splendid Pleyel piano—on loan, naturally,” according to his friend, the poet Vital Hocquet. He drank up the verse of Baudelaire, Verlaine, and Maeterlinck and was already skeptical of the German classical tradition: “To see the sunrise is more profitable than listening to the Pastoral symphony,” as he put it, through his critical alter ego Monsieur Croche, in 1901.

But every young artist has his phases—his passions—and although he might outgrow them, they leave their imprint on the soul nonetheless. The poetry of Charles Baudelaire never left Debussy: years later, he would head one of his Préludes with a line by the poet: “Les sons et les parfums tournent dans l’air du soir.” The music of Richard Wagner was another matter: a necessary part of a young artist’s development, but a creative personality who repelled Debussy almost as powerfully as he attracted him. He had travelled to Bayreuth in 1888 to hear Parsifal and Die Meistersinger and returned in 1889 for Tristan und Isolde, an experience that momentarily stunned him. “I don’t see what can be done beyond Tristan,” he commented in 1890.

These potent influences come together in the Cinq poèmes de Baudelaire, composed between 1887 and 1889. Wagner is present at full stretch in the languorous Le Balcon, the longest song Debussy ever composed. In Harmonie du soir, Baudelaire channels the sensuous exoticism of a Malay verse-form, the pantoum; the young Debussy responds fluidly and sensitively to its shifting phrases. Le Jet d’eau is one of Debussy’s great water-paintings, a pool of limpid, rippling calm at the heart of the cycle and a delicate upbeat to Recuillement—composed in 1889, probably (by the sound of its opening harmonies) after he had experienced Tristan in the flesh. And the final song, La Mort des amants, was actually the first that he wrote, in December 1887. Even at the age of 27, this degree of simplicity—of closure—was open to the young genius only by looking backwards.

***

During the belle-époque golden age of French song, Paul Verlaine was anything but an establishment figure. Quite apart from the heady, multi-layered language of his poetry, his scandalous personal life—his violent activism as a communard in 1871, his marriage to a 17-year-old girl, his elopement with a new lover, Arthur Rimbaud, and his subsequent imprisonment after shooting Rimbaud in the arm—was hardly the stuff of polite salons. Verlaine was the supreme poète maudit; which did not make him the easiest of colleagues, however strongly musicians were drawn to the intoxicating beauty of his language. Gabriel Fauré attempted several direct collaborations and found the poet drying out in a charity hospital. By now, in 1891, Verlaine was in the grip of alcoholism; when Fauré tried to speak with him again, over absinthe at the Café François, he abandoned the effort as impossible. “How can so wonderfully gifted a human being take pleasure in this constant to-and-fro between café and poorhouse?” he wondered.

Debussy avoided the problem by avoiding the man. In 1885, when he first sketched his Ariettes (later revised in 1903 as Ariettes oubliées, with a dedication to Mary Garden, the great Scottish soprano who created the role of Mélisande), he was far from Paris, at the Villa Medici, the French colony in Rome where winners of the Prix de Rome were dispatched to imbibe classical culture at the source. Some of the songs predate his involuntary exile: Chevaux de bois could be a passionate farewell to Paris and the lively Bohemian world in which he had barely started to find his feet. It would become a great favorite at informal soirées at the Villa, with the near-contemporary L’ombre des arbres as its melancholy counterpart. But Debussy’s distance from Verlaine—and his engagement with such captivating examples of the French language, at a far remove from the temptations of Wagnerism—prompted him to some of his freshest and most characteristic early inspirations. The cycle culminates in the delicate, verdant ecstasies of Green and its desolate postlude Spleen, emotion isolated and evoked, as if by some Japanese calligrapher, with the bare minimum of brushstrokes.

***

In June 1932, Olivier Messiaen married the violinist Claire Delbos. The young couple lived frugally for the first few years; to their shared sorrow, Claire suffered a series of miscarriages. Their mutual Catholic faith provided a source of comfort and strength. To Messiaen, marriage was a spiritual, physical, and emotional bond—and of course a sacrament of the Church, a path to sharing in Divine love. In 1936 the couple bought a plot of land at Pétichet in the French Alps (its remoteness from Paris made it both peaceful, a necessity for a composer, and affordable) and built themselves a small cottage overlooking the Lac de Laffrey and across to the mountain ridge of the Grand Serre. In their first summer there together, Claire and Olivier both composed: she, a set of songs to poems by Messiaen’s mother; he, two books of sensual, spiritually charged love songs to words of his own writing, and dedicated to “Mi”—his pet name for Claire.

Poèmes pour Mi, premiered in April 1937 and subsequently orchestrated by the composer, are a celebration of marital love in both the physical and spiritual sense. Spiritual and sensual walk hand in hand throughout the cycle, from the starbursts of birdsong in Ta voix, to the cycle’s emotional climax in the penultimate song Le Collier: the “necklace” in question is the image, both erotic and sublimely tender, of arms wrapped around the neck of the beloved: “Spring enchained, light rainbow of morning, / Ah! my necklace! Ah! my necklace!” (For Messiaen, who experienced synesthesia, colors, sounds, and physical impressions were all inextricably part of the same sensation.) Olivier’s love for Claire would be both a strength to Messiaen and in time, as she succumbed to mental illness, a source of immeasurable pain; but his sense of his bond with her as something sanctified before God was unwavering. The Poèmes pour Mi, however, come from a place and time of happiness and beauty: 20th-century music has produced few love songs more heartfelt, or more intimate.


Richard Bratby lives in Lichfield, UK, and writes about music and opera for The Spectator, Gramophone, BBC Music Magazine, and The Critic. He is the author of Forward: 100 Years of the City of Birmingham Symphony Orchestra and Classical Music: An Illustrated History.

Die Künstler:innen

Magdalena Kožená
Mezzosopran

Die aus dem tschechischen Brno stammende Mezzosopranistin Magdalena Kožená erhielt ihre Ausbildung in den Fächern Gesang und Klavier am Konservatorium ihrer Heimatstadt sowie an der Musikhochschule in Bratislava. Als Konzertsängerin hat sie mit vielen der bedeutendsten Dirigenten zusammengearbeitet, darunter Claudio Abbado, Pierre Boulez, Gustavo Dudamel, Sir John Eliot Gardiner, Bernhard Haitink, Nikolaus Harnoncourt, Mariss Jansons, Sir Roger Norrington und Sir Simon Rattle. Sie ist außerdem eine gefragte Interpretin im Bereich der historischen Aufführungspraxis und war gemeinsam mit den English Baroque Soloists, dem Gabrieli Consort and Players, Il Giardino Armonico, Les Musiciens du Louvre und anderen Ensembles zu hören. Zu ihren Klavierpartnern bei Liederabenden zählen u.a. Daniel Barenboim, Yefim Bronfman, Malcolm Martineau, Sir András Schiff und Mitsuko Uchida. Auf der Opernbühne ist sie in Partien wie Cherubino, Sesto, Idamante, Mélisande, Oktavian, Carmen, Angelina in La Cenerentola, Marguerite in La Damnation de Faust sowie in den Titelrollen von Charpentiers Medée und Martinůs Juliette weltweit zu erleben. Für ihre Verdienste um die französische Musik wurde Magdalena Kožená 2003 zum Chevalier de l’Ordre des Arts et es Lettres ernannt.

Stand: Oktober 2023


Mitsuko Uchida
Klavier

Als eine der herausragenden Pianistinnen der Gegenwart war Mitsuko Uchida in den vergangenen Spielzeiten Artist in Residence beim Cleveland Orchestra, bei den Berliner Philharmonikern, in der Elbphilharmonie Hamburg, am Wiener Konzerthaus, bei der Salzburger Mozartwoche und beim Lucerne Festival. Seit Beginn der Saison 2022/23 ist sie der Carnegie Hall in New York für drei Jahre als Perspectives Artist verbunden. Außerdem wirkt sie seit 2016 als künstlerische Partnerin des Mahler Chamber Orchestra, mit dem sie aktuell für ein mehrjähriges Tourneeprojekt in Europa, Japan und Nordamerika zusammenarbeitet. Als Solistin gastiert sie u.a. regelmäßig beim Concertgebouworchester Amsterdam, dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, dem London Symphony Orchestra und dem Chicago Symphony Orchestra. Zu ihren kammermusikalischen Partnern zählen das Quatuor Ebène und neben Magdalena Kožená auch die Sopranistin Dorothea Röschmann, mit der sie 2017 ein Grammy-prämiertes Liederalbum vorlegte. Ihre Einspielung des Klavierkonzerts von Arnold Schönberg mit dem Cleveland Orchestra unter der Leitung von Pierre Boulez wurde u.a. mit dem Gramophone Award ausgezeichnet. 2022 wurde sie von der Zeitschrift Musical America als Artist of the Year geehrt. Mitsuko Uchida ist künstlerische Leiterin des Marlboro Music Festival und seit 2014 Ehrendoktorin der University of Cambridge.

Stand: Oktober 2023
 

Veranstaltungsdetails & Karten
Print Program