Wolfram Brandl Violine
Krzysztof Specjal Violine
Yulia Deyneka Viola
Claudius Popp Violoncello

Programm

Benjamin Attahir
Al Asr für Streichquartett

Wolfgang Amadeus Mozart
Streichquartett F-Dur KV 590 (1790)

Bedřich Smetana
Streichquartett Nr. 1 e-moll Aus meinem Leben

Benjamin Attahir (*1989)
Al Asr für Streichquartett (2017)

 

Wolfgang Amadeus Mozart (1756–1791)
Streichquartett F-Dur KV 590 (1790)

I. Allegro moderato
II. Andante
III. Menuetto. Allegretto – Trio
IV. Allegro

 

Pause

 

Bedřich Smetana (1824–1884)
Streichquartett Nr. 1 e-moll Aus meinem Leben (1876)

I. Allegro vivo appassionato
II. Allegro moderato alla Polka
III. Largo sostenuto
IV. Vivace

Benjamin Attahir (*1989)
Al Asr für Streichquartett (2017)

 

Wolfgang Amadeus Mozart (1756–1791)
Streichquartett F-Dur KV 590 (1790)

I. Allegro moderato
II. Andante
III. Menuetto. Allegretto – Trio
IV. Allegro

 

Pause

 

Bedřich Smetana (1824–1884)
Streichquartett Nr. 1 e-moll Aus meinem Leben (1876)

I. Allegro vivo appassionato
II. Allegro moderato alla Polka
III. Largo sostenuto
IV. Vivace

asset_imageBenjamin Attahir (© Julian Hargreaves)

Tongemälde und Lebensbilder

Unter allen musikalischen Formen der westlichen klassischen Musik ist das Streichquartett die nobelste und am längsten bewährte Gattung. In Werken aus drei Jahrhunderten präsentiert das Streichquartett der Staatskapelle Berlin sehr unterschiedliche Perspektiven auf diese Tradition.

Essay von Michael Horst

Tongemälde und Lebensbilder
Streichquartette von Mozart, Smetana und Attahir

Michael Horst


Unter allen musikalischen Formen der westlichen klassischen Musik ist das Streichquartett die nobelste und am längsten bewährte Gattung. Weder Symphonie noch Solokonzert oder Klaviersonate können diesbezüglich mithalten, allenfalls die Oper darf auf eine noch längere – und wirkungsmächtigere – Lebensdauer zurückblicken. Dies war auch dem damals 27-jährigen Benjamin Attahir durchaus bewusst, als er 2016 mit der Komposition seines Streichquartetts Al Asr begann. Die lange und illustre Reihe der Vorgänger „von Haydn zu Dutilleux, Ligeti und Dusapin“, so der französische Komponist libanesisch-marokkanischer Abstammung, könne durchaus lähmende Wirkung auf den Schaffensprozess haben. Deshalb sei es für ihn darum gegangen, eine möglichst kompakte Partitur zu schreiben: „Ich habe mich dem Quartett wie einem einzigen Instrument genähert, um auf diese Weise zum Rückgrat meines Stils zurückzukehren: einer erweiterten Monodie, frei inspiriert von der Musik des Nahen Ostens.“

Benjamin Attahir ist in Berlin alles andere als ein Unbekannter: Nach der Uraufführung seines Klavierkonzerts Al Fajr (arabisch für Morgengrauen) 2017 durch Daniel Barenboim und das Boulez Ensemble begann der Franzose einen Zyklus von Instrumentalwerken, die von den fünf islamischen Gebeten zu unterschiedlichen Tageszeiten inspiriert sind. (Dazu zählen Adh dhouhr für Serpent und Orchestra, Al Asr für Streichquartett, Al Maghrib für Violine und Orchester sowie Al Icha für Orchester.) Al Asr – das Nachmittagsgebet – wiederum geht auf die 103. Sure des Korans zurück, doch Attahir strebte keine direkte Umsetzung der Verse in Klänge an: „Mein Ziel war es, die Atmosphäre dieses bestimmten Moments im Zentrum zwischen Mittag und Sonnenuntergang in musikalischer Form wiederzugeben. Das grelle Licht, die schwüle Hitze, das Schillern der Luft beim Kontakt mit der Erdoberfläche – das sind die Bilder, die mich beim Schreiben dieses Quartetts begleitet haben.“

Frappierend ist die Vielschichtigkeit und Vielfarbigkeit, die Attahir in seinem Quartett musikalisch entfaltet. Dabei dürfte ihm auch seine Erfahrung als studierter Geiger zugutegekommen sein, wenn er Techniken wie Flageolett und verschiedene andere Spielweisen einsetzt. Mag Attahir auch von der Monodie arabischer Gesänge ausgegangen sein, so nutzt er doch mit großer Finesse auch andere kompositorische Mittel, die den 25-minütigen Klangstrom bisweilen stark anschwellen lassen, dann wieder auf ein intimes Format reduzieren. Cluster wechseln mit barschen Einwürfen einzelner Instrumente; Repetitionen kurzer Klangfloskeln verleihen dem Ganzen Kontinuität und ein Moment der Wiedererkennbarkeit. Im letzten Teil bezieht der Komponist gar einen fugenähnlichen Abschnitt ein, um dann mit einer immer stärkeren Verdichtung des Klanges das Werk zu einem wahrhaft „hitzigen“ Abschluss zu bringen.


Königliche Klänge


Wolfgang Amadeus Mozart hat sich Zeit seines Lebens intensiv mit dem Streichquartett beschäftigt. Die Gattung erfreute sich gerade in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zunehmender Beliebtheit – nicht zuletzt dank der „Pionierarbeit“ Joseph Haydns. Dabei waren die ersten der 23 Streichquartette Mozarts, die 1770 und 1772 in Italien entstanden, noch stark dem Divertimento-Charakter verpflichtet; doch schon die nur ein Jahr darauf in Wien komponierte Werkgruppe KV 168–173 zeigt die schöpferische Auseinandersetzung des 17-Jährigen mit Haydns Vorbild. Dies gilt erst recht für die zehn Jahre später entstandenen sechs Quartette, die Mozart dem älteren Kollegen in Freundschaft und Hochachtung widmete. In ihnen ist Mozarts reifer Stil – mit seiner Verschmelzung von Melodienreichtum, eleganter Phrasierung, ausgefeilter Satztechnik und kammermusikalischer Dichte – perfekt ausgebildet.

Besser konnte er im Quartettmedium kaum mehr komponieren – auch nicht in den drei letzten, 1789/90 entstandenen Werken, deren Anlage einiges von den ehrgeizigen Plänen des Komponisten erzählen, die sich jedoch in Luft auflösten. Denn in seinem Werkverzeichnis sind sie mit dem Zusatz „für Seine Majestätt dem könig in Preussen“ aufgeführt, an dessen Hof in Berlin und Potsdam Mozart im Frühling 1789 zu Gast gewesen war. Dort wurde der musikliebende König Friedrich Wilhelm II. von seinem Hofkomponisten Luigi Boccherini regelmäßig mit Kammermusik versorgt, außerdem spielte er selbst mit großer Passion Violoncello – was lag also näher, als eine Reihe von Quartetten in Angriff zu nehmen, in denen außerdem die Cellostimme einen „königlichen“ Rang einnahm? Doch Mozart hätte durch die frostige Aufnahme in Preußen eigentlich gewarnt sein müssen; weder kam es zur Vollendung der damals üblichen Gruppe von sechs Werken noch zu einer Annahme der königlichen Widmung. Schließlich musste der in seinen letzten Lebensjahren in permanenten finanziellen Schwierigkeiten steckende Mozart froh sein, wenigstens die drei fertigen Quartette „um ein Spottgeld herzugeben“, wie er seinem Freund (und dem Empfänger zahlreicher Bettelbriefe) Johann Michael Puchberg klagte. Immerhin gab es noch erste öffentliche Aufführungen im Winter 1790/91, bei denen Mozart selbst die Bratsche spielte. Gedruckt erschienen die Quartette bei Artaria in Wien erst Ende 1791, kurz nach Mozarts Tod.

Die „mühsame Arbeit“, die der Komponist für diese Werke reklamierte, ist dem Streichquartett F-Dur KV 590 in keinem Takt anzuhören; alles scheint sich völlig logisch und zwanglos aus dem Vorhergehenden zu entwickeln. Vielleicht ist es eher die Reduzierung auf das minimal Notwendige, das Mozart hier anstrebt. Bestes Beispiel ist das Thema des ersten Satzes, eine Kombination aus einem langsam aufsteigenden Dreiklang und einer schnell abwärts strebenden Skala in Sechzehntelnoten: Diese Bausteine macht Mozart in immer neuen harmonischen Varianten zum Gerüst des ganzen Satzes. Das Cello wird – wie erwähnt – bewusst stärker in den Vordergrund gerückt; die Herausforderung, das dadurch bedingte gelegentliche Fehlen der Bassstimme aufzufangen, löst der Komponist in geradezu exemplarischer Weise, indem er des Öfteren ganz auf diese verzichtet – und dadurch ein Gefühl musikalischen Schwebens erzeugt.

Bemerkenswert unauffällig präsentiert sich auch das folgende Allegretto, das von einem einzigen Thema getragen wird, welches in immer wieder neuen Arabesken – mal in den Violinen, mal in Viola oder Violoncello – umspielt wird. Es entschwindet zuletzt in luftige Höhe, aus der das fast schon orchestral wirkende Menuett mit seinen schroffen Akzenten und dramatischen Punktierungen das Quartett wieder zurück auf den Boden führt. Im Finale schließlich scheint es, als wolle Mozart seinen Freund Haydn noch einmal übertreffen, so ökonomisch ist der ganze Satz aus dem lebhaften aber schlichten, fast unbedarften Thema entwickelt – mit einem Pingpong-Spiel der vier Instrumente, unerwarteten harmonischen Rückungen und kontrapunktischer Zuspitzung. Doch die Auflösung in das sorgenfreie F-Dur des Beginns ist jedes Mal gewiss – und sorgt für einen ausgesprochenen lichten Schlussakkord in Mozarts Streichquartett-Schaffen.


Musik als Autobiographie


Als der tschechische Komponist Bedřich Smetana am 2. März 1824, vor fast genau 200 Jahren, geboren wurde, war seine böhmische Heimat noch eine der vielen Regionen im straff zentralistisch ausgerichteten Habsburgerreich. Als er 60-jährig starb, hatte es wegweisende politische Veränderungen gegeben; sie verliehen der nationalen Identität der Tschechen sehr viel mehr Raum gegenüber dem Machtzentrum Wien. Smetana selbst, noch mit der deutschen Sprache aufgewachsen, meisterte das Tschechische in Wort und Schrift erst später. Mit der Emanzipation der tschechischen Kultur ab den 1860er Jahren engagierte aber auch er sich mehr und mehr für die nationalen Belange. Das letzte Lebensjahrzehnt brachte ihm dann die langersehnte künstlerische Anerkennung – nicht zuletzt weil er mit seinem symphonischen Zyklus Má vlast (Mein Vaterland) der Geschichte und Kultur Böhmens ein musikalisches Denkmal gesetzt hatte. Dessen zweiter Teil, Die Moldau, trug seinen Ruhm in alle Welt.

Es zählt zu den beeindruckendsten Zeugnissen eines Künstlerlebens, dass diese Werke einer deprimierenden privaten Situation abgerungen wurden. Denn Smetana ereilte – wie Beethoven vor ihm und Fauré nach ihm – das Schicksal, völlig zu ertauben. Ausgelöst vermutlich durch eine Syphilis-Infektion, konnten auch medizinische Behandlungen in Prag, Wien und Würzburg das Leiden nicht mildern. Smetana verließ daraufhin Prag und ließ sich auf dem Land bei seiner Tochter nieder – um dort mit unbeirrbarem Willen seinen kompositorischen Weg fortzusetzen. Im November 1875 fand in Prag die Uraufführung der Oper Der Kuss statt, bald darauf erlebte die symphonische Dichtung Aus Böhmens Hain und Flur (ebenfalls Teil von Má vlast) ihre Premiere. Außerdem widmete sich Smetana in dieser Zeit seiner ersten Quartettkomposition; dem e-moll-Werk, das im Dezember 1875 nach knapp zwei Monaten Arbeit fertiggestellt wurde, gab er den programmatischen Titel Aus meinem Leben – die persönliche Katastrophe wird in musikalischen Ausdruck umgewandelt.

„Ich hatte nicht im Sinn, irgendein Quartett nach dem Rezept und Usus der gewohnten Formen zu schreiben“, teilte der Komponist seinem Freund Josef Srb-Debrnov mit, „bei mir entsteht die Form jeder Komposition aus ihrem Gegenstand.“ Wohlgemerkt: Rein formal betrachtet wandelt Smetana auf den gewohnten Pfaden des Quartettgenres: mit einem viersätzigen Werk, bei dem die schnellen Außensätze einen Tanzsatz an zweiter Stelle sowie ein Largo sostenuto einrahmen. Doch der musikalische Inhalt, der Charakter und die Gestaltung dieser Sätze ist von biografischen Momenten stark beeinflusst. „Neigung zur Kunst in meiner Jugend“, „unaussprechliche Sehnsucht nach etwas, was ich weder aussprechen noch mir vorstellen konnte“ – so überschreibt der Komponist den ersten Satz. Diese Leidenschaft findet in dem markanten Bratschenthema des Anfangs unmittelbaren Ausdruck; es bleibt omnipräsent im gesamten Satz, wandert durch die Stimmen und wirkt auch in den kontrastierenden, melodienseligen Dur-Passagen immer wie ein Warnruf vor dem schlimmen Ende.

Der zweite Satz mit seinem Polka-Thema hat ebenfalls biografische Hintergründe. Er geleite ihn „in die Erinnerung zum fröhlichen Leben meiner Jugend zurück, wo ich als Komponist von Tanzstücken die Welt überschüttete“, schreibt Smetana. Dem rustikalen Beginn wird ein zweites Thema gegenübergestellt, in dem die Bratsche eine Trompete zu imitieren hat. Höchst raffiniert gestaltet ist der Mittelteil: Während die beiden tieferen Streicher den Polka-Rhythmus beibehalten, zaubern die Violinen mit sich ständig verschiebenden Doppelgriffen dezent darüber schwebende Klangflächen – eine technische Herausforderung, der dem Komponist von Seiten der Uraufführungsmusiker den Vorwurf der Unspielbarkeit einbrachte.

Das Largo sostenuto ist nach Smetanas Erläuterung der Erinnerung an seine Frau Kateřina zugedacht, die 1859 mit nur 32 Jahren gestorben war. Das in sich gekehrte Solo des Violoncellos zu Beginn lässt noch nicht die massiv-verzweifelten Fortissimo-Ausbrüche ahnen, mit denen aber auch Momente des Innehaltens und der Reflexion kontrastieren. Das Finale schwelgt noch einmal in Polka-Seligkeit, bis eine Generalpause die jäh eingetretene Katastrophe der Taubheit ankündigt – einen pfeifenden Violinton in höchster Lage, wie aus dem Nichts die Ohren überfallend. Doch Smetana mag damit nicht enden. Wieder wird das markante Bratschenthema zitiert, dazu andere Erinnerungssplitter aus den früheren Sätzen, bevor das Quartett in größter Schlichtheit – aber doch in versöhnlichem Dur – ausklingt.


Der Berliner Musikjournalist Michael Horst arbeitet als Autor und Kritiker für Zeitungen, Radio und Fachmagazine. Außerdem gibt er Konzerteinführungen. Er publizierte Opernführer über Puccinis Tosca und Turandot und übersetzte Bücher von Riccardo Muti und Riccardo Chailly aus dem Italienischen.


Tongemälde und Lebensbilder
Streichquartette von Mozart, Smetana und Attahir

Michael Horst


Unter allen musikalischen Formen der westlichen klassischen Musik ist das Streichquartett die nobelste und am längsten bewährte Gattung. Weder Symphonie noch Solokonzert oder Klaviersonate können diesbezüglich mithalten, allenfalls die Oper darf auf eine noch längere – und wirkungsmächtigere – Lebensdauer zurückblicken. Dies war auch dem damals 27-jährigen Benjamin Attahir durchaus bewusst, als er 2016 mit der Komposition seines Streichquartetts Al Asr begann. Die lange und illustre Reihe der Vorgänger „von Haydn zu Dutilleux, Ligeti und Dusapin“, so der französische Komponist libanesisch-marokkanischer Abstammung, könne durchaus lähmende Wirkung auf den Schaffensprozess haben. Deshalb sei es für ihn darum gegangen, eine möglichst kompakte Partitur zu schreiben: „Ich habe mich dem Quartett wie einem einzigen Instrument genähert, um auf diese Weise zum Rückgrat meines Stils zurückzukehren: einer erweiterten Monodie, frei inspiriert von der Musik des Nahen Ostens.“

Benjamin Attahir ist in Berlin alles andere als ein Unbekannter: Nach der Uraufführung seines Klavierkonzerts Al Fajr (arabisch für Morgengrauen) 2017 durch Daniel Barenboim und das Boulez Ensemble begann der Franzose einen Zyklus von Instrumentalwerken, die von den fünf islamischen Gebeten zu unterschiedlichen Tageszeiten inspiriert sind. (Dazu zählen Adh dhouhr für Serpent und Orchestra, Al Asr für Streichquartett, Al Maghrib für Violine und Orchester sowie Al Icha für Orchester.) Al Asr – das Nachmittagsgebet – wiederum geht auf die 103. Sure des Korans zurück, doch Attahir strebte keine direkte Umsetzung der Verse in Klänge an: „Mein Ziel war es, die Atmosphäre dieses bestimmten Moments im Zentrum zwischen Mittag und Sonnenuntergang in musikalischer Form wiederzugeben. Das grelle Licht, die schwüle Hitze, das Schillern der Luft beim Kontakt mit der Erdoberfläche – das sind die Bilder, die mich beim Schreiben dieses Quartetts begleitet haben.“

Frappierend ist die Vielschichtigkeit und Vielfarbigkeit, die Attahir in seinem Quartett musikalisch entfaltet. Dabei dürfte ihm auch seine Erfahrung als studierter Geiger zugutegekommen sein, wenn er Techniken wie Flageolett und verschiedene andere Spielweisen einsetzt. Mag Attahir auch von der Monodie arabischer Gesänge ausgegangen sein, so nutzt er doch mit großer Finesse auch andere kompositorische Mittel, die den 25-minütigen Klangstrom bisweilen stark anschwellen lassen, dann wieder auf ein intimes Format reduzieren. Cluster wechseln mit barschen Einwürfen einzelner Instrumente; Repetitionen kurzer Klangfloskeln verleihen dem Ganzen Kontinuität und ein Moment der Wiedererkennbarkeit. Im letzten Teil bezieht der Komponist gar einen fugenähnlichen Abschnitt ein, um dann mit einer immer stärkeren Verdichtung des Klanges das Werk zu einem wahrhaft „hitzigen“ Abschluss zu bringen.


Königliche Klänge


Wolfgang Amadeus Mozart hat sich Zeit seines Lebens intensiv mit dem Streichquartett beschäftigt. Die Gattung erfreute sich gerade in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zunehmender Beliebtheit – nicht zuletzt dank der „Pionierarbeit“ Joseph Haydns. Dabei waren die ersten der 23 Streichquartette Mozarts, die 1770 und 1772 in Italien entstanden, noch stark dem Divertimento-Charakter verpflichtet; doch schon die nur ein Jahr darauf in Wien komponierte Werkgruppe KV 168–173 zeigt die schöpferische Auseinandersetzung des 17-Jährigen mit Haydns Vorbild. Dies gilt erst recht für die zehn Jahre später entstandenen sechs Quartette, die Mozart dem älteren Kollegen in Freundschaft und Hochachtung widmete. In ihnen ist Mozarts reifer Stil – mit seiner Verschmelzung von Melodienreichtum, eleganter Phrasierung, ausgefeilter Satztechnik und kammermusikalischer Dichte – perfekt ausgebildet.

Besser konnte er im Quartettmedium kaum mehr komponieren – auch nicht in den drei letzten, 1789/90 entstandenen Werken, deren Anlage einiges von den ehrgeizigen Plänen des Komponisten erzählen, die sich jedoch in Luft auflösten. Denn in seinem Werkverzeichnis sind sie mit dem Zusatz „für Seine Majestätt dem könig in Preussen“ aufgeführt, an dessen Hof in Berlin und Potsdam Mozart im Frühling 1789 zu Gast gewesen war. Dort wurde der musikliebende König Friedrich Wilhelm II. von seinem Hofkomponisten Luigi Boccherini regelmäßig mit Kammermusik versorgt, außerdem spielte er selbst mit großer Passion Violoncello – was lag also näher, als eine Reihe von Quartetten in Angriff zu nehmen, in denen außerdem die Cellostimme einen „königlichen“ Rang einnahm? Doch Mozart hätte durch die frostige Aufnahme in Preußen eigentlich gewarnt sein müssen; weder kam es zur Vollendung der damals üblichen Gruppe von sechs Werken noch zu einer Annahme der königlichen Widmung. Schließlich musste der in seinen letzten Lebensjahren in permanenten finanziellen Schwierigkeiten steckende Mozart froh sein, wenigstens die drei fertigen Quartette „um ein Spottgeld herzugeben“, wie er seinem Freund (und dem Empfänger zahlreicher Bettelbriefe) Johann Michael Puchberg klagte. Immerhin gab es noch erste öffentliche Aufführungen im Winter 1790/91, bei denen Mozart selbst die Bratsche spielte. Gedruckt erschienen die Quartette bei Artaria in Wien erst Ende 1791, kurz nach Mozarts Tod.

Die „mühsame Arbeit“, die der Komponist für diese Werke reklamierte, ist dem Streichquartett F-Dur KV 590 in keinem Takt anzuhören; alles scheint sich völlig logisch und zwanglos aus dem Vorhergehenden zu entwickeln. Vielleicht ist es eher die Reduzierung auf das minimal Notwendige, das Mozart hier anstrebt. Bestes Beispiel ist das Thema des ersten Satzes, eine Kombination aus einem langsam aufsteigenden Dreiklang und einer schnell abwärts strebenden Skala in Sechzehntelnoten: Diese Bausteine macht Mozart in immer neuen harmonischen Varianten zum Gerüst des ganzen Satzes. Das Cello wird – wie erwähnt – bewusst stärker in den Vordergrund gerückt; die Herausforderung, das dadurch bedingte gelegentliche Fehlen der Bassstimme aufzufangen, löst der Komponist in geradezu exemplarischer Weise, indem er des Öfteren ganz auf diese verzichtet – und dadurch ein Gefühl musikalischen Schwebens erzeugt.

Bemerkenswert unauffällig präsentiert sich auch das folgende Allegretto, das von einem einzigen Thema getragen wird, welches in immer wieder neuen Arabesken – mal in den Violinen, mal in Viola oder Violoncello – umspielt wird. Es entschwindet zuletzt in luftige Höhe, aus der das fast schon orchestral wirkende Menuett mit seinen schroffen Akzenten und dramatischen Punktierungen das Quartett wieder zurück auf den Boden führt. Im Finale schließlich scheint es, als wolle Mozart seinen Freund Haydn noch einmal übertreffen, so ökonomisch ist der ganze Satz aus dem lebhaften aber schlichten, fast unbedarften Thema entwickelt – mit einem Pingpong-Spiel der vier Instrumente, unerwarteten harmonischen Rückungen und kontrapunktischer Zuspitzung. Doch die Auflösung in das sorgenfreie F-Dur des Beginns ist jedes Mal gewiss – und sorgt für einen ausgesprochenen lichten Schlussakkord in Mozarts Streichquartett-Schaffen.


Musik als Autobiographie


Als der tschechische Komponist Bedřich Smetana am 2. März 1824, vor fast genau 200 Jahren, geboren wurde, war seine böhmische Heimat noch eine der vielen Regionen im straff zentralistisch ausgerichteten Habsburgerreich. Als er 60-jährig starb, hatte es wegweisende politische Veränderungen gegeben; sie verliehen der nationalen Identität der Tschechen sehr viel mehr Raum gegenüber dem Machtzentrum Wien. Smetana selbst, noch mit der deutschen Sprache aufgewachsen, meisterte das Tschechische in Wort und Schrift erst später. Mit der Emanzipation der tschechischen Kultur ab den 1860er Jahren engagierte aber auch er sich mehr und mehr für die nationalen Belange. Das letzte Lebensjahrzehnt brachte ihm dann die langersehnte künstlerische Anerkennung – nicht zuletzt weil er mit seinem symphonischen Zyklus Má vlast (Mein Vaterland) der Geschichte und Kultur Böhmens ein musikalisches Denkmal gesetzt hatte. Dessen zweiter Teil, Die Moldau, trug seinen Ruhm in alle Welt.

Es zählt zu den beeindruckendsten Zeugnissen eines Künstlerlebens, dass diese Werke einer deprimierenden privaten Situation abgerungen wurden. Denn Smetana ereilte – wie Beethoven vor ihm und Fauré nach ihm – das Schicksal, völlig zu ertauben. Ausgelöst vermutlich durch eine Syphilis-Infektion, konnten auch medizinische Behandlungen in Prag, Wien und Würzburg das Leiden nicht mildern. Smetana verließ daraufhin Prag und ließ sich auf dem Land bei seiner Tochter nieder – um dort mit unbeirrbarem Willen seinen kompositorischen Weg fortzusetzen. Im November 1875 fand in Prag die Uraufführung der Oper Der Kuss statt, bald darauf erlebte die symphonische Dichtung Aus Böhmens Hain und Flur (ebenfalls Teil von Má vlast) ihre Premiere. Außerdem widmete sich Smetana in dieser Zeit seiner ersten Quartettkomposition; dem e-moll-Werk, das im Dezember 1875 nach knapp zwei Monaten Arbeit fertiggestellt wurde, gab er den programmatischen Titel Aus meinem Leben – die persönliche Katastrophe wird in musikalischen Ausdruck umgewandelt.

„Ich hatte nicht im Sinn, irgendein Quartett nach dem Rezept und Usus der gewohnten Formen zu schreiben“, teilte der Komponist seinem Freund Josef Srb-Debrnov mit, „bei mir entsteht die Form jeder Komposition aus ihrem Gegenstand.“ Wohlgemerkt: Rein formal betrachtet wandelt Smetana auf den gewohnten Pfaden des Quartettgenres: mit einem viersätzigen Werk, bei dem die schnellen Außensätze einen Tanzsatz an zweiter Stelle sowie ein Largo sostenuto einrahmen. Doch der musikalische Inhalt, der Charakter und die Gestaltung dieser Sätze ist von biografischen Momenten stark beeinflusst. „Neigung zur Kunst in meiner Jugend“, „unaussprechliche Sehnsucht nach etwas, was ich weder aussprechen noch mir vorstellen konnte“ – so überschreibt der Komponist den ersten Satz. Diese Leidenschaft findet in dem markanten Bratschenthema des Anfangs unmittelbaren Ausdruck; es bleibt omnipräsent im gesamten Satz, wandert durch die Stimmen und wirkt auch in den kontrastierenden, melodienseligen Dur-Passagen immer wie ein Warnruf vor dem schlimmen Ende.

Der zweite Satz mit seinem Polka-Thema hat ebenfalls biografische Hintergründe. Er geleite ihn „in die Erinnerung zum fröhlichen Leben meiner Jugend zurück, wo ich als Komponist von Tanzstücken die Welt überschüttete“, schreibt Smetana. Dem rustikalen Beginn wird ein zweites Thema gegenübergestellt, in dem die Bratsche eine Trompete zu imitieren hat. Höchst raffiniert gestaltet ist der Mittelteil: Während die beiden tieferen Streicher den Polka-Rhythmus beibehalten, zaubern die Violinen mit sich ständig verschiebenden Doppelgriffen dezent darüber schwebende Klangflächen – eine technische Herausforderung, der dem Komponist von Seiten der Uraufführungsmusiker den Vorwurf der Unspielbarkeit einbrachte.

Das Largo sostenuto ist nach Smetanas Erläuterung der Erinnerung an seine Frau Kateřina zugedacht, die 1859 mit nur 32 Jahren gestorben war. Das in sich gekehrte Solo des Violoncellos zu Beginn lässt noch nicht die massiv-verzweifelten Fortissimo-Ausbrüche ahnen, mit denen aber auch Momente des Innehaltens und der Reflexion kontrastieren. Das Finale schwelgt noch einmal in Polka-Seligkeit, bis eine Generalpause die jäh eingetretene Katastrophe der Taubheit ankündigt – einen pfeifenden Violinton in höchster Lage, wie aus dem Nichts die Ohren überfallend. Doch Smetana mag damit nicht enden. Wieder wird das markante Bratschenthema zitiert, dazu andere Erinnerungssplitter aus den früheren Sätzen, bevor das Quartett in größter Schlichtheit – aber doch in versöhnlichem Dur – ausklingt.


Der Berliner Musikjournalist Michael Horst arbeitet als Autor und Kritiker für Zeitungen, Radio und Fachmagazine. Außerdem gibt er Konzerteinführungen. Er publizierte Opernführer über Puccinis Tosca und Turandot und übersetzte Bücher von Riccardo Muti und Riccardo Chailly aus dem Italienischen.


asset_imageBedřich Smetana, 1870

Personal Voices

Spanning more than 200 years, the three works on tonight’s program by Wolfgang Amadeus Mozart, Bedřich Smetana, and Benjamin Attahir are a testimony to the enduring appeal of the string quartet as a genre.

Program Note by Harry Haskell

Personal Voices
String Quartets by Mozart, Smetana, and Attahir

Harry Haskell


Spanning more than 200 years, the three works on tonight’s program are a testimony to the enduring appeal of the string quartet as a genre. The three quartets that Mozart wrote in 1789–90 for the cello-playing Prussian monarch Friederich Wilhelm II combine elegance, wit, and virtuosity in equal measure. Smetana’s E-minor Quartet of 1878 is a kind of musical autobiography. Having lost his hearing as a result of a syphilis infection, the Czech composer had necessarily turned inward for inspiration. His music combines high spirits with emotional intensity, climaxing in a chilling depiction of the buzzing in the deaf man’s ears, which Smetana shrugged off as a “little joke.” Al Asr, by the Lebanese-French composer, violinist, and conductor Benjamin Attahir, places the string quartet in a contemporary religious context.


A Musical Prayer


Born in Toulouse, Attahir studied at the Paris Conservatoire with the spectralist composer Marc-André Delbavie and with Gérard Pesson, whose music references a notably broad range of eras and cultures. Attahir’s stylistic orientation is similarly cosmopolitan, combining elements of European and Arabic music in an eclectic synthesis that often features historic forms and instruments. (As founder of the ensemble Aenea, dedicated to the rediscovery of the French Romantic repertoire and the development of new works for historical instruments, he has long collaborated with Patrick Wibert, a virtuoso on the serpent, ophicleide, and other “early” brass.) Among his recent works are the chamber opera Les Silences des ombres, based on a set of marionette plays by Maurice Maeterlinck, and the string octet Jawb, written for violinist Michael Barenboim and the West-Eastern Divan Ensemble.

Attahir is no stranger to audiences at the Pierre Boulez Saal. In 2017, Daniel Barenboim premiered his piano concerto Al Fajr, the first in a sequence of five ensemble works inspired by the salâh, the daily cycle of Muslim prayer. It was followed by Adh dhouhr for serpent and orchestra, Al Asr for string quartet, Al Maghrib for violin and orchestra, and Al Icha for orchestra. Composed in 2017–8 for the Arod Quartet, Al Asr—referring to the afternoon prayer—on one level belongs to a centuries-long tradition of tone painting. “I tried to transcribe musically the atmosphere of this specific moment of the day,” Attahir explains. “Glaring light, sweltering heat, the diffraction of the air as it touches the ground—my mind was filled with images as I wrote this piece. But Al Asr is also the 103rd Sūrah of the Qur’ān, which deals with the passage of time and the future of all beings. Its three-verse structure dictated the form of this quartet, although the holy text itself is not highlighted. It is always the poetic and allegorical aspect that has guided my work.” Attahir acknowledges that “the string quartet genre, one that has been handed down to us by our forebears, from Haydn to [Henri] Dutilleux, Ligeti and [Pascal] Dusapin, can be rather ‘paralyzing’ for a young composer. To alleviate my anxiety, I focused on creating the most compact and cohesive object possible. To do so, I approached the quartet as a single instrument, returning to the backbone of my writing: embellished monody, freely inspired by the music of the Middle East.”


Quartet for a King


The feverish compositional activity that marked the last year or two of Wolfgang Amadeus Mozart’s life was partly fueled by the precarious state of his finances. In spite of his poor health, he brought forth one masterpiece after another in a wide variety of genres. Così fan tutte, the last of the three great comic operas that he wrote with the librettist Lorenzo Da Ponte, premiered at the court theater in Vienna in January 1790; it was quickly followed by Die Zauberflöte, a lighthearted singspiel with Masonic overtones, and the opera seria La clemenza di Tito. Somehow Mozart also found time to write concertos for piano (his last) and clarinet, three string quartets, two string quintets, a clarinet quintet, and a number of small-scale vocal works. Last but not least was the great Requiem Mass that the composer was still working on when he died on December 5, 1791.

In the spring of 1789, Mozart, who was also a virtuoso pianist, embarked on a concert tour to Leipzig, Berlin, and Dresden in hopes of replenishing his depleted bank account. It was on this trip that he undertook to write the last of his 23 string quartets—the three so-called “Prussian” Quartets—for King Friedrich Wilhelm II, an enthusiastic amateur cellist. The Quartet in F major K. 590 was completed in Vienna in June 1790. Mozart apparently received no payment for his work from the king, and there is no record of the monarch even formally accepting the dedication. The composer forthwith dispatched the three scores to his publisher, while privately grumbling to a friend that he had been “forced to give away my quartets … for a song, simply in order to have cash in hand.” Immediately afterward he accepted a more lucrative commission from his friend and patron Baron Gottfried van Swieten, a connoisseur of what was then called “ancient” music, to arrange two of Handel’s choral works for private performances in Vienna.

In a nod to his royal patron, Friedrich Wilhelm II., Mozart awards the cellist unusual prominence in the F-major Quartet. Much of the cello writing is virtuosic and highly exposed, starting with the restatement of the first movement’s opening theme in the cello’s upper register. Throughout the Allegro moderato the first violin and cello engage in a spirited repartee that highlights the bass instrument’s agility and sonority. A similar dialogue characterizes the Allegretto, with its dancing rhythms and purling 16th-note runs. In the place of a conventional slow movement, Mozart gives us next a vigorous, somewhat lumbering minuet, followed by a gay, spitfire finale in which all four instruments take an equal part in the bravura display.


“From My Life”


Together with Antonín Dvořák, Bedřich Smetana was the public voice of Czech nationalism in the last decades of the 19th century. The son of a prosperous brewer in rural Bohemia, he gravitated toward cosmopolitan Prague as a young man and took part in the abortive uprising of 1848 against the Austrian Habsburgs. Supported by Liszt, he began to build a reputation at home and abroad, and the production of his opera The Brandenburgers in Bohemia in 1866 brought his first taste of real fame. It was quickly followed by The Bartered Bride, a sun-drenched comedy that put Czech opera on the international map. The early 1870s marked the onset of the syphilis-induced deafness that would plague the composer for the rest of his life. Smetana bravely soldiered on, completing his cycle of symphonic tone poems Má vlast (My Fatherland) and his patriotic opera Libuše, which inaugurated Prague’s National Theater in 1881. He died in a lunatic asylum three years later.

The first of Smetana’s two string quartets was written under trying circumstances. By late 1876, the persistent buzzing in the composer’s ear prevented him from working for more than an hour at a stretch. Moreover, the ensemble for which the quartet was intended refused to perform it, declaring the polka movement unplayable. (The unofficial premiere finally took place at a friend’s house in 1878, with Dvořák playing the viola.) Hoping to facilitate the work’s reception, Smetana attached a programmatic subtitle, From My Life. He explained that the first movement expressed the “romantic spirit” of his early years, tinged with premonitions of deafness. The second movement recalled “the cheerful time of my youth in which I composed dance pieces that I presented copiously to all my acquaintances and was known as a passionate dancer in my own right.” The third movement was imbued with “the happiness of my first love,” while the fourth marked his “discovery of the essence of national music and my joy in following this path up to the moment when it was brutally interrupted by the ominous calamity.”

In the opening Allegro vivo appassionato, the viola’s dramatically charged, foreboding theme is set against a restless undercurrent of undulating eighth notes. This gives way to a tenderly lyrical countersubject, and the ensuing struggle between the two ideas ends in a draw when the first violin combines them in the final bars. The Allegro moderato à la Polka is all boyish insouciance, with its foot-stomping rhythms, off-kilter accents, jerky hesitations, and whimsical imitations of a wheezy harmonium. The searing intensity of the Largo sostenuto is accentuated by the warm key of A-flat major. The final Vivace dashes off in a blaze of E major; not until the dust settles do we hear the rollicking folk-like tune that Smetana posited as “the essence of national music.” Instead of the expected happy ending, however, the high spirits dissolve into shuddering tremolos, the first violin emits a screeching high E, themes from the first movement return in fragmentary form, and silence engulfs us.


A former performing arts editor for Yale University Press, Harry Haskell is a program annotator for Carnegie Hall in New York, the Brighton Festival in England, and other venues, and the author of several books, including The Early Music Revival: A History, winner of the 2014 Prix des Muses awarded by the Fondation Singer-Polignac.


Personal Voices
String Quartets by Mozart, Smetana, and Attahir

Harry Haskell


Spanning more than 200 years, the three works on tonight’s program are a testimony to the enduring appeal of the string quartet as a genre. The three quartets that Mozart wrote in 1789–90 for the cello-playing Prussian monarch Friederich Wilhelm II combine elegance, wit, and virtuosity in equal measure. Smetana’s E-minor Quartet of 1878 is a kind of musical autobiography. Having lost his hearing as a result of a syphilis infection, the Czech composer had necessarily turned inward for inspiration. His music combines high spirits with emotional intensity, climaxing in a chilling depiction of the buzzing in the deaf man’s ears, which Smetana shrugged off as a “little joke.” Al Asr, by the Lebanese-French composer, violinist, and conductor Benjamin Attahir, places the string quartet in a contemporary religious context.


A Musical Prayer


Born in Toulouse, Attahir studied at the Paris Conservatoire with the spectralist composer Marc-André Delbavie and with Gérard Pesson, whose music references a notably broad range of eras and cultures. Attahir’s stylistic orientation is similarly cosmopolitan, combining elements of European and Arabic music in an eclectic synthesis that often features historic forms and instruments. (As founder of the ensemble Aenea, dedicated to the rediscovery of the French Romantic repertoire and the development of new works for historical instruments, he has long collaborated with Patrick Wibert, a virtuoso on the serpent, ophicleide, and other “early” brass.) Among his recent works are the chamber opera Les Silences des ombres, based on a set of marionette plays by Maurice Maeterlinck, and the string octet Jawb, written for violinist Michael Barenboim and the West-Eastern Divan Ensemble.

Attahir is no stranger to audiences at the Pierre Boulez Saal. In 2017, Daniel Barenboim premiered his piano concerto Al Fajr, the first in a sequence of five ensemble works inspired by the salâh, the daily cycle of Muslim prayer. It was followed by Adh dhouhr for serpent and orchestra, Al Asr for string quartet, Al Maghrib for violin and orchestra, and Al Icha for orchestra. Composed in 2017–8 for the Arod Quartet, Al Asr—referring to the afternoon prayer—on one level belongs to a centuries-long tradition of tone painting. “I tried to transcribe musically the atmosphere of this specific moment of the day,” Attahir explains. “Glaring light, sweltering heat, the diffraction of the air as it touches the ground—my mind was filled with images as I wrote this piece. But Al Asr is also the 103rd Sūrah of the Qur’ān, which deals with the passage of time and the future of all beings. Its three-verse structure dictated the form of this quartet, although the holy text itself is not highlighted. It is always the poetic and allegorical aspect that has guided my work.” Attahir acknowledges that “the string quartet genre, one that has been handed down to us by our forebears, from Haydn to [Henri] Dutilleux, Ligeti and [Pascal] Dusapin, can be rather ‘paralyzing’ for a young composer. To alleviate my anxiety, I focused on creating the most compact and cohesive object possible. To do so, I approached the quartet as a single instrument, returning to the backbone of my writing: embellished monody, freely inspired by the music of the Middle East.”


Quartet for a King


The feverish compositional activity that marked the last year or two of Wolfgang Amadeus Mozart’s life was partly fueled by the precarious state of his finances. In spite of his poor health, he brought forth one masterpiece after another in a wide variety of genres. Così fan tutte, the last of the three great comic operas that he wrote with the librettist Lorenzo Da Ponte, premiered at the court theater in Vienna in January 1790; it was quickly followed by Die Zauberflöte, a lighthearted singspiel with Masonic overtones, and the opera seria La clemenza di Tito. Somehow Mozart also found time to write concertos for piano (his last) and clarinet, three string quartets, two string quintets, a clarinet quintet, and a number of small-scale vocal works. Last but not least was the great Requiem Mass that the composer was still working on when he died on December 5, 1791.

In the spring of 1789, Mozart, who was also a virtuoso pianist, embarked on a concert tour to Leipzig, Berlin, and Dresden in hopes of replenishing his depleted bank account. It was on this trip that he undertook to write the last of his 23 string quartets—the three so-called “Prussian” Quartets—for King Friedrich Wilhelm II, an enthusiastic amateur cellist. The Quartet in F major K. 590 was completed in Vienna in June 1790. Mozart apparently received no payment for his work from the king, and there is no record of the monarch even formally accepting the dedication. The composer forthwith dispatched the three scores to his publisher, while privately grumbling to a friend that he had been “forced to give away my quartets … for a song, simply in order to have cash in hand.” Immediately afterward he accepted a more lucrative commission from his friend and patron Baron Gottfried van Swieten, a connoisseur of what was then called “ancient” music, to arrange two of Handel’s choral works for private performances in Vienna.

In a nod to his royal patron, Friedrich Wilhelm II., Mozart awards the cellist unusual prominence in the F-major Quartet. Much of the cello writing is virtuosic and highly exposed, starting with the restatement of the first movement’s opening theme in the cello’s upper register. Throughout the Allegro moderato the first violin and cello engage in a spirited repartee that highlights the bass instrument’s agility and sonority. A similar dialogue characterizes the Allegretto, with its dancing rhythms and purling 16th-note runs. In the place of a conventional slow movement, Mozart gives us next a vigorous, somewhat lumbering minuet, followed by a gay, spitfire finale in which all four instruments take an equal part in the bravura display.


“From My Life”


Together with Antonín Dvořák, Bedřich Smetana was the public voice of Czech nationalism in the last decades of the 19th century. The son of a prosperous brewer in rural Bohemia, he gravitated toward cosmopolitan Prague as a young man and took part in the abortive uprising of 1848 against the Austrian Habsburgs. Supported by Liszt, he began to build a reputation at home and abroad, and the production of his opera The Brandenburgers in Bohemia in 1866 brought his first taste of real fame. It was quickly followed by The Bartered Bride, a sun-drenched comedy that put Czech opera on the international map. The early 1870s marked the onset of the syphilis-induced deafness that would plague the composer for the rest of his life. Smetana bravely soldiered on, completing his cycle of symphonic tone poems Má vlast (My Fatherland) and his patriotic opera Libuše, which inaugurated Prague’s National Theater in 1881. He died in a lunatic asylum three years later.

The first of Smetana’s two string quartets was written under trying circumstances. By late 1876, the persistent buzzing in the composer’s ear prevented him from working for more than an hour at a stretch. Moreover, the ensemble for which the quartet was intended refused to perform it, declaring the polka movement unplayable. (The unofficial premiere finally took place at a friend’s house in 1878, with Dvořák playing the viola.) Hoping to facilitate the work’s reception, Smetana attached a programmatic subtitle, From My Life. He explained that the first movement expressed the “romantic spirit” of his early years, tinged with premonitions of deafness. The second movement recalled “the cheerful time of my youth in which I composed dance pieces that I presented copiously to all my acquaintances and was known as a passionate dancer in my own right.” The third movement was imbued with “the happiness of my first love,” while the fourth marked his “discovery of the essence of national music and my joy in following this path up to the moment when it was brutally interrupted by the ominous calamity.”

In the opening Allegro vivo appassionato, the viola’s dramatically charged, foreboding theme is set against a restless undercurrent of undulating eighth notes. This gives way to a tenderly lyrical countersubject, and the ensuing struggle between the two ideas ends in a draw when the first violin combines them in the final bars. The Allegro moderato à la Polka is all boyish insouciance, with its foot-stomping rhythms, off-kilter accents, jerky hesitations, and whimsical imitations of a wheezy harmonium. The searing intensity of the Largo sostenuto is accentuated by the warm key of A-flat major. The final Vivace dashes off in a blaze of E major; not until the dust settles do we hear the rollicking folk-like tune that Smetana posited as “the essence of national music.” Instead of the expected happy ending, however, the high spirits dissolve into shuddering tremolos, the first violin emits a screeching high E, themes from the first movement return in fragmentary form, and silence engulfs us.


A former performing arts editor for Yale University Press, Harry Haskell is a program annotator for Carnegie Hall in New York, the Brighton Festival in England, and other venues, and the author of several books, including The Early Music Revival: A History, winner of the 2014 Prix des Muses awarded by the Fondation Singer-Polignac.


Das Ensemble

Streichquartett der Staatskapelle Berlin

Im Jahr 2016 formierten sich die vier Stimmführer der Staatskapelle Berlin zum festen Ensemble, und seither haben sich Wolfram Brandl, Krzysztof Specjal, Yulia Deyneka und Claudius Popp als feste Größe innerhalb der hochkarätigen Kammermusiklandschaft Berlins und Deutschlands einen Namen gemacht. Die Mitglieder des Quartetts sind neben ihrer herausgehobenen Stellung im Orchester auch als Solist:innen und Kammermusiker:innen in anderen Formationen erfolgreich und unterrichten an renommierten Musikhochschulen, darunter die Barenboim-Said Akademie. Als Ensemble repräsentieren sie nicht nur die über Jahrzehnte und Jahrhunderte gewachsene Klangcharakteristik der Staatskapelle, sondern profitieren zudem von ihrer jahrelangen Erfahrung durch ihr Zusammenspiel in Berlins ältestem Orchester und verfügen über eine große künstlerische Sensibilität füreinander. Neben der regelmäßigen Zusammenarbeit mit Daniel Barenboim verbindet die vier Musiker:innen eine besonders enge künstlerische Freundschaft mit Elisabeth Leonskaja, mit der das Ensemble in der Vergangenheit Werke von Brahms, Dvořak und Schostakowitsch im Pierre Boulez Saal interpretierte. Außerdem war das Streichquartett der Staatskapelle hier u.a. mit einem Schubert-Zyklus und Quartetten von Arnold Schönberg und Leoš Janáček zu erleben.

Juni 2024

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