Tabea Zimmermann Viola
Javier Perianes Klavier

Programm

Yinam Leef
Solace für Viola solo

Johannes Brahms
Sonate für Viola und Klavier Es-Dur op. 120 Nr. 2

Benjamin Britten
Lachrymae – Reflections on a Song of John Dowland für Viola und Klavier op. 48

Dmitri Schostakowitsch
Sonate für Viola und Klavier op. 147

Yinam Leef (*1953)
Solace für Viola solo (2022)


Johannes Brahms (1833–1897)
Sonate für Viola und Klavier Es-Dur op. 120 Nr. 2 (1894)

I. Allegro amabile
II. Appassionato, ma non troppo allegro
III. Andante con moto – Allegro


Pause


Benjamin Britten (1911–1976)
Lachrymae – Reflections on a Song of John Dowland für Viola und Klavier op. 48 (1950)

Lento – 
Allegretto, andante molto –
Animato –
Tranquillo –
Allegro con moto
Largamente – 
Appassionato – 
Alla Valse moderato –
Allegro marcia –
Lento
L’istesso tempo


Dmitri Schostakowitsch (1906–1975)
Sonate für Viola und Klavier op. 147 (1975)

I. Moderato
II. Allegretto
III. Adagio

Yinam Leef (*1953)
Solace für Viola solo (2022)


Johannes Brahms (1833–1897)
Sonate für Viola und Klavier Es-Dur op. 120 Nr. 2 (1894)

I. Allegro amabile
II. Appassionato, ma non troppo allegro
III. Andante con moto – Allegro


Pause


Benjamin Britten (1911–1976)
Lachrymae – Reflections on a Song of John Dowland für Viola und Klavier op. 48 (1950)

Lento – 
Allegretto, andante molto –
Animato –
Tranquillo –
Allegro con moto
Largamente – 
Appassionato – 
Alla Valse moderato –
Allegro marcia –
Lento
L’istesso tempo


Dmitri Schostakowitsch (1906–1975)
Sonate für Viola und Klavier op. 147 (1975)

I. Moderato
II. Allegretto
III. Adagio

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Johannes Brahms portraitiert von Hoffotograf C. Brasch in der Leipziger Straße 9, Berlin (1889)

Läuterung durch Licht und Musik

„Zahlreich und verschieden sind die Mittel, die die Philosophen und Ärzte verschrieben haben, um ein betrübtes Herz aufzuheitern, um abzulenken von jenen komplexen und intensiven Sorgen und Nachdenken, die diese Krankheit so sehr auszeichnen“, schrieb Robert Burton in seiner 1621 erschienenen Anatomy of Melancholy. Seiner Meinung nach sei keines „so mächtig, nichts so angemessen wie ein starkes Getränk, Fröhlichkeit, Musik und gute Gesellschaft.“ Die Werke auf dem heutigen Programm versprechen auf den ersten Blick wenig Heiterkeit – von Tränen, Tod, Trauer und Trost ist in allen vier Werken mal mehr, mal weniger eindeutig die Rede. Und doch ist die Musik alles andere als düster.

Essay von Meike Pfister

Läuterung durch Licht und Musik
Werke für Bratsche und Klavier

Meike Pfister


Auf den ersten Blick verspricht das heutige Programm wenig Heiterkeit – von Tränen, Tod, Trauer und Trost ist in allen vier Werken mal mehr, mal weniger eindeutig die Rede. Und doch ist die Musik alles andere als düster. Wollte man eine optische Dramaturgie zu den einzelnen Stücken entwerfen, so würden Yinam Leefs Solace und Johannes Brahms’ Sonate op. 120 Nr. 2 vielleicht in ein herbstlich gedämpftes, warmes und tröstendes Licht getaucht werden. Brittens Lachrymae – das den Untertitel „Reflections on a Song of Dowland“ trägt – und Schostakowitschs Sonate op. 147 legen hingegen eine gewisse Entwicklung vom Dunkleren hin zu größerer Klarheit und Helligkeit nahe. Als „licht und rein“ bezeichnete Schostakowitsch sein 1975 wenige Wochen vor seinem Tod entstandenes Opus ultimum, das in einer zeitgenössischen Kritik mit dem Bild der „Läuterung durch Licht“ beschrieben wird.

In mancher Hinsicht ähnelt ihm Brahms’ letztes Kammermusikwerk, die zweite der beiden ursprünglich für Klarinette und Klavier geschriebenen Sonaten. In einer auf die Essenz komprimierten Tonsprache scheint der Komponist auch hier in sinnender und melancholischer Distanz auf all die Kämpfe der Jugendjahre zu blicken. Benjamin Britten wiederum greift in seinem 1950 komponierten Werk auf zwei Lieder John Dowlands zurück, die während des Elisabethanischen Zeitalters entstanden – einer regelrechten Blütezeit der Melancholie. Ausgiebig erörterten die Autoren dieser Zeit den ihrer Ansicht nach durch ein Übermaß an schwarzer Galle bedingten Seelenzustand. Auch wenn die darin liegende Nähe zu schöpferischer Potenz schon seit der Antike im Bewusstsein war, galt Melancholie dennoch als zu behandelnde Krankheit. „Zahlreich und verschieden sind die Mittel, die die Philosophen und Ärzte verschrieben haben, um ein betrübtes Herz aufzuheitern, um abzulenken von jenen komplexen und intensiven Sorgen und Nachdenken, die diese Krankheit so sehr auszeichnen“, schreibt Robert Burton in seiner 1621 erschienenen Anatomy of Melancholy. Seiner Meinung nach sei „nichts so gegenwärtig, nichts so mächtig, nichts so angemessen wie ein starkes Getränk, Fröhlichkeit, Musik und gute Gesellschaft.“ Licht könnte an dieser Stelle vielleicht noch ergänzt werden. Doch wäre es so einfach, existierten die Werke des heutigen Programms womöglich nicht…


Zufluchtsort für die Seele

Für den 1953 in Jerusalem geborenen Yinam Leef ist das schöpferische Gestalten an sich bereits ein Heilmittel, wie er jüngst – auch vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse – beschrieb: „Der Prozess des Komponierens ist, auch wenn er nie ohne Schwierigkeiten abläuft, ein sehr intimer und ermutigender Akt, in dem ich oft Trost gefunden habe. Selbst in Zeiten schrecklicher Ereignisse, in der Vergangenheit und leider auch in der Gegenwart, dienten die Musik und ihr Entstehen – das Spielen, Komponieren, Improvisieren oder einfach nur aktive Zuhören – als Zufluchtsort für die Seele, daher der Titel des Werkes, Solace [Trost].“ Dass die Uraufführung des bereits 2022 entstandenen Stücks nicht schon früher erfolgte, scheint in Anbetracht der jüngsten Geschehnisse im Nahen Osten beinahe schicksalhaft.

Solace repräsentiert Leefs Rückkehr zum Komponieren nach dreijährigem „kreativem Schweigen, das durch die Anforderungen meiner dritten Amtszeit als Präsident der Akademie für Musik und Tanz in Jerusalem bedingt war. […] Als ich in den Ruhestand ging, war für mich klar, dass die nächste Komposition für ein Soloinstrument sein würde. Ich wollte mir selbst die Stärke der Monodie […] vergegenwärtigen; durch die musikalische Linie, offen und unverhüllt, ohne der Virtuosität um ihrer selbst willen zu frönen.“

„Die Bratsche – reich an Tiefe und Ausdruckskraft – ist eines meiner liebsten Instrumente“, schreibt Leef weiter über die Entstehung des Werkes. „Als ich Tabea Zimmermann mitteilte, dass ich ein Solostück für Bratsche in Angriff genommen hatte, äußerte sie sofort den Wunsch, die Partitur zu sehen […]. Für mich gibt es kaum etwas Befriedigenderes, als im Bewusstsein der besonderen Eigenschaften und des Temperaments der Künstlerinnen oder Künstler, für die ich schreibe, an einem Stück zu arbeiten.“


„…dass einem ganz, ganz wohl wird“

Nicht nur inspiriert, sondern regelrecht bedingt durch einen bestimmten Interpreten ist die Zweite Klarinettensonate in Es-Dur von Johannes Brahms, die der Komponist selbst (zusammen mit dem Schwesterwerk in f-moll) auch in einer Version für Viola und Klavier herausgab. Nachdem Brahms im Jahr 1891 dem Komponieren eigentlich schon abgeschworen hatte, war es Richard Mühlfeld, Klarinettist der Meininger Hofkapelle, der die Begeisterung des damals 58-Jährigen neu entzündete. Für die „Nachtigall des Orchesters“, wie Brahms ihn titulierte, entstanden daraufhin das Klarinettentrio, das Klarinettenquintett sowie die beiden Klarinettensonaten, allesamt Werke, die heute zu den absoluten Höhepunkten der Kammermusikliteratur gehören und gleichzeitig den krönenden Abschluss von Brahms’ kammermusikalischem Schaffen darstellen.

Diesen Abschied zelebriert der durch und durch melancholisch veranlagte Komponist erwartungsgemäß nicht pompös mit Pauken und Trompeten, sondern in spätsommerlich gedecktem Licht. Von „zwei bescheidene[n] Sonaten“ sprach er im August 1894 während seines Sommeraufenthaltes im oberösterreichischen Ischl gegenüber Mühlfeld, „Ich war nicht so übermütig, ein Konzert für Sie zu schreiben!“ Mit ähnlichem Understatement äußerte er sich auch gegenüber Clara Schumann: „Ich erwarte den Besuch des Klarinettisten Mühlfeld und werde 2 Sonaten mit ihm probieren. […] Ich wollte, Du wärst dabei, denn er bläst sehr schön. Wenn Du ein weniges in F moll und Es Dur phantasierst – kommst Du wohl so beiläufig auf die Sonaten.“

Vordergründige Virtuosität und affirmative Gesten sind vor allem dem Es-Dur-Werk fremd. Stattdessen scheint sich die Musik hier immer wieder zurückzunehmen oder in andere – bessere – Welten auszuweichen. Elemente der Volksmusik (Brahms sah in ihr den Inbegriff des Urspünglichen und des Wahren), wie sie etwa im ungarisch geprägten zweiten Satz vorkommen, oder die archaisch dahinschreitenden Klänge in dessen Mittelteil, stehen beispielhaft für Brahms’ Tendenz zur romantischen Weltflucht. Verhaltenheit zeigt die Sonate auch in ihren gemäßigten Tempi und ihrer Gesamtform, die sich auf nur drei Sätze beschränkt. Bei genauerer Betrachtung entpuppt sich der im Andante beginnende und im Allegro endende dritte jedoch als eine Kombination aus langsamem Satz und Finale. Bestehend aus sechs Variationen über ein einfaches Thema, das sich wiederum nur aus dessen erstem Motiv zu entwickeln scheint, entfaltet Brahms hier ein Paradebeispiel für seinen späten, komprimierten Stil. Das gelöst dahinströmende eröffnende Allegro amabile vermittelt das Gefühl der Akzeptanz – trotz aller womöglich unerfüllten Sehnsüchte. „Das ist eines der wonnigsten Gefühle für mich, die Sehnsucht,“ hatte Brahms bereits Jahre zuvor in einem Brief an Clara Schumann geschrieben, „das durchschauert so süß, das einem ganz, ganz wohl wird.“


Reminiszenzen an die Vergangenheit

Von zunehmender Akzeptanz des herannahenden Endes scheint auch Schostakowitschs Bratschensonate zu zeugen, die der Komponist unter Aufwendung letzter Kraft in den Wochen vor seinem Tod am 9. August 1975 zu Papier brachte. Bereits vier Jahre zuvor berichtete Benjamin Britten – die beiden Komponisten pflegten seit 1960 eine überaus wertschätzende Freundschaft, besuchten sich gegenseitig und widmeten einander Werke – von dessen körperlicher Schwäche: „Ich habe ein famoses neues Quartett von Schostakowitsch gehört, aber er ist sehr sehr krank & wollte überhaupt nicht, dass ich ihn verlasse.“ Nicht nur die Komposition des 13. Streichquartetts hatte Britten beeindruckt, sondern offensichtlich auch die Interpreten – vor allem der Bratscher Fjodor Druschinin: Britten überreichte ihm als Ausdruck seiner Bewunderung ein handsigniertes Exemplar des bereits 1950 entstandenen Lachrymae. Für Druschinin sollte vier Jahre später auch Schostakowitschs einzige solistische Komposition für Bratsche entstehen.

Beiden Werken gemeinsam ist ein Transformationsprozess, beide enden in ätherischer Weltferne. Dowlands Lied If My Complaints Could Passions Move erklingt vollständig erst, nachdem sich Britten ihm in zehn Variationen – oder Reflektionen – angenähert hat. Nur bruchstückhaft und in immer wieder veränderter Gestalt, sei es als Walzer, als Marsch, mit majestätischen Akkorden im Klavier oder in verhauchte flautando-Klänge der Bratsche gehüllt, ist die 400 Jahre alte Ayre anfangs zu vernehmen. Das titelgebende Lied Flow My Tears, das Dowland in seiner Instrumentalversion als Lachrymae Pavan veröffentlichte, lässt Britten nur in der sechsten Variation in lautmalerisch fließenden Akkordbrechungen anklingen.

Voller Reminiszenzen an die Vergangenheit ist auch die Sonate seines russischen Freundes. Der Schostakowitsch-Biograph Krzysztof Meyer berichtet, dass bei seiner letzten Begegnung mit dem Komponisten im Jahr 1974 „das Gespräch hauptsächlich um Vergangenes“ kreiste. „Er spielte mir sogar das Thema seiner Kontrapunktprüfung vor, das ihm Alexander Glasunow gestellt hatte. […] Es war offensichtlich, dass er hauptsächlich in seinen Erinnerungen lebte.“ So sind die Anklänge an Alban Bergs Violinkonzert, das ebenfalls mit leeren Quinten im pianissimo anhebt, sicherlich kein Zufall, zumal auch dieses Werk im Zeichen von Tod und Vergänglichkeit steht. Im zweiten, scherzoartigen Satz zitiert Schostakowitsch aus seiner unvollendet gebliebenen Oper Die Spieler aus dem Jahr 1942. Ob es ihm darum ging, am Ende seines Lebens für das Werk eine Art Abschluss zu finden, ob inhaltliche oder rein musikalische Aspekte ihn zu diesem Rückgriff veranlassten, wird sich wohl nie klären lassen. Das abschließende Adagio mit seiner verfremdeten Übernahme des Beginns von Beethovens „Mondscheinsonate“ bezeichnete Schostakowitsch hingegen selbst als Reminiszenz an den älteren Komponisten. Die überirdische Wirkung des ersterbenden und gleichzeitig in lichtem C-Dur aufgehenden Satzes sollte Schostakowitsch selbst nicht mehr hörend erleben. Ein Kritiker schrieb über die Musik nach der Uraufführung im Oktober 1975: „Katharsis in einer Tragödie; Leben, Kampf, Überwindung, Läuterung durch Licht, Ausgang in die Unsterblichkeit“.


Meike Pfister lebt als Pianistin, Musikwissenschaftlerin und Moderatorin in Berlin und ist hauptsächlich an der Universität der Künste und der Philharmonie Berlin sowie an der Elbphilharmonie in Hamburg tätig.

 

Läuterung durch Licht und Musik
Werke für Bratsche und Klavier

Meike Pfister


Auf den ersten Blick verspricht das heutige Programm wenig Heiterkeit – von Tränen, Tod, Trauer und Trost ist in allen vier Werken mal mehr, mal weniger eindeutig die Rede. Und doch ist die Musik alles andere als düster. Wollte man eine optische Dramaturgie zu den einzelnen Stücken entwerfen, so würden Yinam Leefs Solace und Johannes Brahms’ Sonate op. 120 Nr. 2 vielleicht in ein herbstlich gedämpftes, warmes und tröstendes Licht getaucht werden. Brittens Lachrymae – das den Untertitel „Reflections on a Song of Dowland“ trägt – und Schostakowitschs Sonate op. 147 legen hingegen eine gewisse Entwicklung vom Dunkleren hin zu größerer Klarheit und Helligkeit nahe. Als „licht und rein“ bezeichnete Schostakowitsch sein 1975 wenige Wochen vor seinem Tod entstandenes Opus ultimum, das in einer zeitgenössischen Kritik mit dem Bild der „Läuterung durch Licht“ beschrieben wird.

In mancher Hinsicht ähnelt ihm Brahms’ letztes Kammermusikwerk, die zweite der beiden ursprünglich für Klarinette und Klavier geschriebenen Sonaten. In einer auf die Essenz komprimierten Tonsprache scheint der Komponist auch hier in sinnender und melancholischer Distanz auf all die Kämpfe der Jugendjahre zu blicken. Benjamin Britten wiederum greift in seinem 1950 komponierten Werk auf zwei Lieder John Dowlands zurück, die während des Elisabethanischen Zeitalters entstanden – einer regelrechten Blütezeit der Melancholie. Ausgiebig erörterten die Autoren dieser Zeit den ihrer Ansicht nach durch ein Übermaß an schwarzer Galle bedingten Seelenzustand. Auch wenn die darin liegende Nähe zu schöpferischer Potenz schon seit der Antike im Bewusstsein war, galt Melancholie dennoch als zu behandelnde Krankheit. „Zahlreich und verschieden sind die Mittel, die die Philosophen und Ärzte verschrieben haben, um ein betrübtes Herz aufzuheitern, um abzulenken von jenen komplexen und intensiven Sorgen und Nachdenken, die diese Krankheit so sehr auszeichnen“, schreibt Robert Burton in seiner 1621 erschienenen Anatomy of Melancholy. Seiner Meinung nach sei „nichts so gegenwärtig, nichts so mächtig, nichts so angemessen wie ein starkes Getränk, Fröhlichkeit, Musik und gute Gesellschaft.“ Licht könnte an dieser Stelle vielleicht noch ergänzt werden. Doch wäre es so einfach, existierten die Werke des heutigen Programms womöglich nicht…


Zufluchtsort für die Seele

Für den 1953 in Jerusalem geborenen Yinam Leef ist das schöpferische Gestalten an sich bereits ein Heilmittel, wie er jüngst – auch vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse – beschrieb: „Der Prozess des Komponierens ist, auch wenn er nie ohne Schwierigkeiten abläuft, ein sehr intimer und ermutigender Akt, in dem ich oft Trost gefunden habe. Selbst in Zeiten schrecklicher Ereignisse, in der Vergangenheit und leider auch in der Gegenwart, dienten die Musik und ihr Entstehen – das Spielen, Komponieren, Improvisieren oder einfach nur aktive Zuhören – als Zufluchtsort für die Seele, daher der Titel des Werkes, Solace [Trost].“ Dass die Uraufführung des bereits 2022 entstandenen Stücks nicht schon früher erfolgte, scheint in Anbetracht der jüngsten Geschehnisse im Nahen Osten beinahe schicksalhaft.

Solace repräsentiert Leefs Rückkehr zum Komponieren nach dreijährigem „kreativem Schweigen, das durch die Anforderungen meiner dritten Amtszeit als Präsident der Akademie für Musik und Tanz in Jerusalem bedingt war. […] Als ich in den Ruhestand ging, war für mich klar, dass die nächste Komposition für ein Soloinstrument sein würde. Ich wollte mir selbst die Stärke der Monodie […] vergegenwärtigen; durch die musikalische Linie, offen und unverhüllt, ohne der Virtuosität um ihrer selbst willen zu frönen.“

„Die Bratsche – reich an Tiefe und Ausdruckskraft – ist eines meiner liebsten Instrumente“, schreibt Leef weiter über die Entstehung des Werkes. „Als ich Tabea Zimmermann mitteilte, dass ich ein Solostück für Bratsche in Angriff genommen hatte, äußerte sie sofort den Wunsch, die Partitur zu sehen […]. Für mich gibt es kaum etwas Befriedigenderes, als im Bewusstsein der besonderen Eigenschaften und des Temperaments der Künstlerinnen oder Künstler, für die ich schreibe, an einem Stück zu arbeiten.“


„…dass einem ganz, ganz wohl wird“

Nicht nur inspiriert, sondern regelrecht bedingt durch einen bestimmten Interpreten ist die Zweite Klarinettensonate in Es-Dur von Johannes Brahms, die der Komponist selbst (zusammen mit dem Schwesterwerk in f-moll) auch in einer Version für Viola und Klavier herausgab. Nachdem Brahms im Jahr 1891 dem Komponieren eigentlich schon abgeschworen hatte, war es Richard Mühlfeld, Klarinettist der Meininger Hofkapelle, der die Begeisterung des damals 58-Jährigen neu entzündete. Für die „Nachtigall des Orchesters“, wie Brahms ihn titulierte, entstanden daraufhin das Klarinettentrio, das Klarinettenquintett sowie die beiden Klarinettensonaten, allesamt Werke, die heute zu den absoluten Höhepunkten der Kammermusikliteratur gehören und gleichzeitig den krönenden Abschluss von Brahms’ kammermusikalischem Schaffen darstellen.

Diesen Abschied zelebriert der durch und durch melancholisch veranlagte Komponist erwartungsgemäß nicht pompös mit Pauken und Trompeten, sondern in spätsommerlich gedecktem Licht. Von „zwei bescheidene[n] Sonaten“ sprach er im August 1894 während seines Sommeraufenthaltes im oberösterreichischen Ischl gegenüber Mühlfeld, „Ich war nicht so übermütig, ein Konzert für Sie zu schreiben!“ Mit ähnlichem Understatement äußerte er sich auch gegenüber Clara Schumann: „Ich erwarte den Besuch des Klarinettisten Mühlfeld und werde 2 Sonaten mit ihm probieren. […] Ich wollte, Du wärst dabei, denn er bläst sehr schön. Wenn Du ein weniges in F moll und Es Dur phantasierst – kommst Du wohl so beiläufig auf die Sonaten.“

Vordergründige Virtuosität und affirmative Gesten sind vor allem dem Es-Dur-Werk fremd. Stattdessen scheint sich die Musik hier immer wieder zurückzunehmen oder in andere – bessere – Welten auszuweichen. Elemente der Volksmusik (Brahms sah in ihr den Inbegriff des Urspünglichen und des Wahren), wie sie etwa im ungarisch geprägten zweiten Satz vorkommen, oder die archaisch dahinschreitenden Klänge in dessen Mittelteil, stehen beispielhaft für Brahms’ Tendenz zur romantischen Weltflucht. Verhaltenheit zeigt die Sonate auch in ihren gemäßigten Tempi und ihrer Gesamtform, die sich auf nur drei Sätze beschränkt. Bei genauerer Betrachtung entpuppt sich der im Andante beginnende und im Allegro endende dritte jedoch als eine Kombination aus langsamem Satz und Finale. Bestehend aus sechs Variationen über ein einfaches Thema, das sich wiederum nur aus dessen erstem Motiv zu entwickeln scheint, entfaltet Brahms hier ein Paradebeispiel für seinen späten, komprimierten Stil. Das gelöst dahinströmende eröffnende Allegro amabile vermittelt das Gefühl der Akzeptanz – trotz aller womöglich unerfüllten Sehnsüchte. „Das ist eines der wonnigsten Gefühle für mich, die Sehnsucht,“ hatte Brahms bereits Jahre zuvor in einem Brief an Clara Schumann geschrieben, „das durchschauert so süß, das einem ganz, ganz wohl wird.“


Reminiszenzen an die Vergangenheit

Von zunehmender Akzeptanz des herannahenden Endes scheint auch Schostakowitschs Bratschensonate zu zeugen, die der Komponist unter Aufwendung letzter Kraft in den Wochen vor seinem Tod am 9. August 1975 zu Papier brachte. Bereits vier Jahre zuvor berichtete Benjamin Britten – die beiden Komponisten pflegten seit 1960 eine überaus wertschätzende Freundschaft, besuchten sich gegenseitig und widmeten einander Werke – von dessen körperlicher Schwäche: „Ich habe ein famoses neues Quartett von Schostakowitsch gehört, aber er ist sehr sehr krank & wollte überhaupt nicht, dass ich ihn verlasse.“ Nicht nur die Komposition des 13. Streichquartetts hatte Britten beeindruckt, sondern offensichtlich auch die Interpreten – vor allem der Bratscher Fjodor Druschinin: Britten überreichte ihm als Ausdruck seiner Bewunderung ein handsigniertes Exemplar des bereits 1950 entstandenen Lachrymae. Für Druschinin sollte vier Jahre später auch Schostakowitschs einzige solistische Komposition für Bratsche entstehen.

Beiden Werken gemeinsam ist ein Transformationsprozess, beide enden in ätherischer Weltferne. Dowlands Lied If My Complaints Could Passions Move erklingt vollständig erst, nachdem sich Britten ihm in zehn Variationen – oder Reflektionen – angenähert hat. Nur bruchstückhaft und in immer wieder veränderter Gestalt, sei es als Walzer, als Marsch, mit majestätischen Akkorden im Klavier oder in verhauchte flautando-Klänge der Bratsche gehüllt, ist die 400 Jahre alte Ayre anfangs zu vernehmen. Das titelgebende Lied Flow My Tears, das Dowland in seiner Instrumentalversion als Lachrymae Pavan veröffentlichte, lässt Britten nur in der sechsten Variation in lautmalerisch fließenden Akkordbrechungen anklingen.

Voller Reminiszenzen an die Vergangenheit ist auch die Sonate seines russischen Freundes. Der Schostakowitsch-Biograph Krzysztof Meyer berichtet, dass bei seiner letzten Begegnung mit dem Komponisten im Jahr 1974 „das Gespräch hauptsächlich um Vergangenes“ kreiste. „Er spielte mir sogar das Thema seiner Kontrapunktprüfung vor, das ihm Alexander Glasunow gestellt hatte. […] Es war offensichtlich, dass er hauptsächlich in seinen Erinnerungen lebte.“ So sind die Anklänge an Alban Bergs Violinkonzert, das ebenfalls mit leeren Quinten im pianissimo anhebt, sicherlich kein Zufall, zumal auch dieses Werk im Zeichen von Tod und Vergänglichkeit steht. Im zweiten, scherzoartigen Satz zitiert Schostakowitsch aus seiner unvollendet gebliebenen Oper Die Spieler aus dem Jahr 1942. Ob es ihm darum ging, am Ende seines Lebens für das Werk eine Art Abschluss zu finden, ob inhaltliche oder rein musikalische Aspekte ihn zu diesem Rückgriff veranlassten, wird sich wohl nie klären lassen. Das abschließende Adagio mit seiner verfremdeten Übernahme des Beginns von Beethovens „Mondscheinsonate“ bezeichnete Schostakowitsch hingegen selbst als Reminiszenz an den älteren Komponisten. Die überirdische Wirkung des ersterbenden und gleichzeitig in lichtem C-Dur aufgehenden Satzes sollte Schostakowitsch selbst nicht mehr hörend erleben. Ein Kritiker schrieb über die Musik nach der Uraufführung im Oktober 1975: „Katharsis in einer Tragödie; Leben, Kampf, Überwindung, Läuterung durch Licht, Ausgang in die Unsterblichkeit“.


Meike Pfister lebt als Pianistin, Musikwissenschaftlerin und Moderatorin in Berlin und ist hauptsächlich an der Universität der Künste und der Philharmonie Berlin sowie an der Elbphilharmonie in Hamburg tätig.

 

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Dmitri Schostakowitsch und Benjamin Britten, ca. 1960er

Antidotes to Chaotic Times

In the spirit of Boethius’s Consolation of Philosophy, the theme of tonight’s program might be called “the consolation of music.” All four works illustrate music’s ineffable power to offer comfort in times of need.

Essay by Harry Haskell

Antidotes to Chaotic Times
Music for Viola and Piano

Harry Haskell


In the spirit of Boethius’s Consolation of Philosophy, the theme of tonight’s program might be called “the consolation of music.” All four works illustrate music’s ineffable power to offer comfort in times of need, but only one, Yinam Leef’s Solace, makes its consolatory intentions explicit. “The process of composing, although never without a struggle, is a highly intimate and comforting act, in which I have often found solace,” says the 70-year-old Israeli composer. “Even at times of horrifying events, in past times and unfortunately also currently, music, and the making of music—playing, composing, improvising, or just actively listening—has served as a place of refuge for the soul, hence the title of this work: Solace.” Leef wrote his nine-minute viola solo, which receives its world premiere tonight, for Tabea Zimmermann in 2022, following what he describes as “nearly three years of creative silence” brought about by the twin burdens of the Covid pandemic and his administrative responsibilities as president of the Jerusalem Academy of Music and Dance, where he has taught since 1985.

“Upon my retirement,” Leef explains, “it was very clear to me that the next composition would be for a solo instrument. I wished to reaffirm for myself the power of monody and some aspects of my musical language via the musical line, exposed and undisguised, and without indulging in virtuosity for its own sake.” Solace envelops the listener in an arch-like embrace: a slow, sustained meditation, marked “warm, deep,” gives way to an agitated—and decidedly virtuosic—midsection and a calmer cantilena that revisits material heard earlier in the piece. One of these recurring motifs, the composer notes, is “derived from Tabea Zimmermann’s given name (B–A–B flat–E flat–A).” It is worth recalling that earlier in his career Leef was associated with Yehudi Menuhin’s Compassion Project, an attempt to highlight contemporary music that the violinist regarded as “an antidote to the chaotic times we live in.” In these no less chaotic times, Solace exemplifies Menuhin’s conception of music as a force “to bind and heal.”


Mellowness of Age 

In January 1891, Johannes Brahms made an extended visit to Meiningen, where his friend and ardent champion Hans von Bülow conducted the renowned court orchestra. The 57-year-old composer was gradually withdrawing from public life; the Op. 111 String Quintet, composed in the fall of 1890, was meant to be his swan song. In Meiningen, however, Brahms found himself unexpectedly bowled over by the playing of the orchestra’s principal clarinetist, Richard Mühlfeld. It is to Mühlfeld’s virtuosity (Brahms called him the “nightingale of the orchestra”) that we owe the late flowering of his interest in the clarinet as expressed in the Clarinet Trio Op. 114 and the Clarinet Quintet Op. 115 both written in 1891, as well as the two Sonatas for Clarinet (or Viola) and Piano Op. 120 of 1894.

Brahms had both practical and personal reasons for writing alternative viola parts for the Clarinet Sonatas and Trio. For one thing, he and his publisher wanted to capture the widest possible market for the sheet music. (Schumann published a number of his chamber works in alternate instrumental versions for the same reason.) For another, Brahms, like Mozart, had a special affinity for the viola. He used its burnished, caramelly timbre to wondrous effect both in his orchestral works and in his chamber music, notably the great string quintets and sextets and the Two Songs for Mezzo-Soprano, Viola, and Piano. In his enthusiasm for the clarinet, Brahms went so far as to tell a friend that it was “much more adapted to the piano than string instruments.” Yet there is no hint in either the E flat–major Sonata or its companion in F minor that he had any qualms about the viola’s ability to hold its own in combination with the piano.

The Allegro amabile is both amiable and characteristically warm-blooded, its sweetly yearning first theme contrasting with lyrical effusions of a more muscular variety. The younger Brahms would have developed this material more elaborately and at greater length, but at this stage of his life economy, transparency, and directness of expression were paramount. The music is steeped in mellow wistfulness, as if the aging composer is looking back indulgently over a life filled with love and disappointment. The fiery Allegro appassionato, in E-flat minor, is tinged with regret, the impetuous ardor of the outer sections tempered by the noble resolve of the major-key interlude. In lieu of a conventional finale, Brahms substitutes a genial, richly inventive theme-and-variations movement, marked “Andante con moto,” that combines passion and reflection in equal measure.


Elizabethan Reflections 

Benjamin Britten’s Lachrymae, subtitled “Reflections on a Song of Dowland,” is the fruit of his lifelong engagement with Britain’s cultural heritage. The original version, for viola and piano, dates from 1950, a period when the composer was not only adapting Purcell’s Dido and Aeneas for a revival by his English Opera Group but also working on his own operatic masterpiece, Billy Budd, for Covent Garden. Britten composed Lachrymae in response to a commission from William Primrose and orchestrated it shortly before his death at the behest of another distinguished violist, Cecil Aronowitz. The score affords many opportunities for the soloist to display his or her virtuosity and has rightly come to be regarded as a cornerstone of the instrument’s repertoire.

Lachrymae is a captivating synthesis, less adaptation than creative reworking. Surprisingly, the song in question is not Dowland’s famous Lachrymae, or “Tears,” but the equally melancholic If My Complaints Could Passions Move. In Britten’s hands, the raw material of the Elizabethan lyric is transmuted into something utterly new, yet strangely familiar. The opening bars of the song are first intoned by the piano’s left hand, rising from the murky depths like a spectral cantus firmus. A series of ten short variations ensues, in which snatches of Dowland appear in sundry guises, now buried deep within the musical fabric, now rising brightly to the surface. Only in the sixth variation does Britten allude to the eponymous song, the viola’s plangent cantilena soaring above the restless triplets of the piano. The haunting simplicity of the final variation, in which Dowland’s tune is magically reunited with its original harmonies, lingers in the memory.


A Bridge between Past and Future 

Suffused with self-quotations, allusions, and reminiscences, Dmitri Shostakovich’s Viola Sonata is at once a poignant artistic testament and a kind of musical autobiography. Woven into its spare, linear fabric are references to works spanning the composer’s career, from the 1922 Suite for Two Pianos and the unfinished opera The Gamblers of 1941–2 (the latter evoked in the propulsive, Stravinskyan Allegretto) to the 14th Symphony of 1969 (quoted by the piano in the final Adagio). Near the beginning of the Sonata, the piano quietly intones the first three notes of the motto D–E flat–C–B, Shostakovich’s musical monogram in German notation. It was an old trick of his, the equivalent of a painter teasingly incorporating his signature in a canvas. Here the effect is stark and subdued, almost dirge-like, as if the 68-year-old composer were writing his own epitaph.

Completed a month before his death, in July 1975, the Viola Sonata is one of Shostakovich’s most intensely personal works. The warm, burnished timbre of the viola, which has extended solo “cadenzas” in each of the three movements, accentuates the prevailing atmosphere of elegiac introspection. Not surprisingly, in light of the composer’s periodic fallings in and out of favor with the Soviet authorities, the character of the music is more stoical than life-affirming. It is surely significant that all three movements simply fade away into silence, without coming to rest on a definitive cadence. The musical term for this in the score is morendo, “dying.” In the summer of 1975, Shostakovich was so weak that he could scarcely hold a pen in his hand. Yet he seemed unable to bring himself to mark “finis” to either his work or his life. 

Shostakovich offered an intriguing description of the Sonata to the violist Fyodor Druzhinin, for whom it was written: “The first movement is a novella, the second a scherzo, and the Finale is an adagio in memory of Beethoven; but don’t let that inhibit you. The music is bright, bright and clear.” Echoes of Beethoven’s “Moonlight” Sonata, with its ruminative keyboard arpeggios, ripple through the somber, brooding Adagio of Op. 147. It was a performance of Beethoven’s Ninth Symphony, Shostakovich said, that set him on the path to becoming a composer. Like Beethoven, he remained firmly rooted in tradition even as he pursued his iconoclastic artistic vision. In an open letter to his fellow musicians, written while he was at work on the Viola Sonata, Shostakovich said: “By building bridges into the future, we must take care not to burn the bridges connecting today’s culture to its immortal past.”


A former performing arts editor for Yale University Press, Harry Haskell is a program annotator for Carnegie Hall in New York, the Brighton Festival in England, and other venues, and the author of several books, including The Early Music Revival: A History, winner of the 2014 Prix des Muses awarded by the Fondation Singer-Polignac.

 

Antidotes to Chaotic Times
Music for Viola and Piano

Harry Haskell


In the spirit of Boethius’s Consolation of Philosophy, the theme of tonight’s program might be called “the consolation of music.” All four works illustrate music’s ineffable power to offer comfort in times of need, but only one, Yinam Leef’s Solace, makes its consolatory intentions explicit. “The process of composing, although never without a struggle, is a highly intimate and comforting act, in which I have often found solace,” says the 70-year-old Israeli composer. “Even at times of horrifying events, in past times and unfortunately also currently, music, and the making of music—playing, composing, improvising, or just actively listening—has served as a place of refuge for the soul, hence the title of this work: Solace.” Leef wrote his nine-minute viola solo, which receives its world premiere tonight, for Tabea Zimmermann in 2022, following what he describes as “nearly three years of creative silence” brought about by the twin burdens of the Covid pandemic and his administrative responsibilities as president of the Jerusalem Academy of Music and Dance, where he has taught since 1985.

“Upon my retirement,” Leef explains, “it was very clear to me that the next composition would be for a solo instrument. I wished to reaffirm for myself the power of monody and some aspects of my musical language via the musical line, exposed and undisguised, and without indulging in virtuosity for its own sake.” Solace envelops the listener in an arch-like embrace: a slow, sustained meditation, marked “warm, deep,” gives way to an agitated—and decidedly virtuosic—midsection and a calmer cantilena that revisits material heard earlier in the piece. One of these recurring motifs, the composer notes, is “derived from Tabea Zimmermann’s given name (B–A–B flat–E flat–A).” It is worth recalling that earlier in his career Leef was associated with Yehudi Menuhin’s Compassion Project, an attempt to highlight contemporary music that the violinist regarded as “an antidote to the chaotic times we live in.” In these no less chaotic times, Solace exemplifies Menuhin’s conception of music as a force “to bind and heal.”


Mellowness of Age 

In January 1891, Johannes Brahms made an extended visit to Meiningen, where his friend and ardent champion Hans von Bülow conducted the renowned court orchestra. The 57-year-old composer was gradually withdrawing from public life; the Op. 111 String Quintet, composed in the fall of 1890, was meant to be his swan song. In Meiningen, however, Brahms found himself unexpectedly bowled over by the playing of the orchestra’s principal clarinetist, Richard Mühlfeld. It is to Mühlfeld’s virtuosity (Brahms called him the “nightingale of the orchestra”) that we owe the late flowering of his interest in the clarinet as expressed in the Clarinet Trio Op. 114 and the Clarinet Quintet Op. 115 both written in 1891, as well as the two Sonatas for Clarinet (or Viola) and Piano Op. 120 of 1894.

Brahms had both practical and personal reasons for writing alternative viola parts for the Clarinet Sonatas and Trio. For one thing, he and his publisher wanted to capture the widest possible market for the sheet music. (Schumann published a number of his chamber works in alternate instrumental versions for the same reason.) For another, Brahms, like Mozart, had a special affinity for the viola. He used its burnished, caramelly timbre to wondrous effect both in his orchestral works and in his chamber music, notably the great string quintets and sextets and the Two Songs for Mezzo-Soprano, Viola, and Piano. In his enthusiasm for the clarinet, Brahms went so far as to tell a friend that it was “much more adapted to the piano than string instruments.” Yet there is no hint in either the E flat–major Sonata or its companion in F minor that he had any qualms about the viola’s ability to hold its own in combination with the piano.

The Allegro amabile is both amiable and characteristically warm-blooded, its sweetly yearning first theme contrasting with lyrical effusions of a more muscular variety. The younger Brahms would have developed this material more elaborately and at greater length, but at this stage of his life economy, transparency, and directness of expression were paramount. The music is steeped in mellow wistfulness, as if the aging composer is looking back indulgently over a life filled with love and disappointment. The fiery Allegro appassionato, in E-flat minor, is tinged with regret, the impetuous ardor of the outer sections tempered by the noble resolve of the major-key interlude. In lieu of a conventional finale, Brahms substitutes a genial, richly inventive theme-and-variations movement, marked “Andante con moto,” that combines passion and reflection in equal measure.


Elizabethan Reflections 

Benjamin Britten’s Lachrymae, subtitled “Reflections on a Song of Dowland,” is the fruit of his lifelong engagement with Britain’s cultural heritage. The original version, for viola and piano, dates from 1950, a period when the composer was not only adapting Purcell’s Dido and Aeneas for a revival by his English Opera Group but also working on his own operatic masterpiece, Billy Budd, for Covent Garden. Britten composed Lachrymae in response to a commission from William Primrose and orchestrated it shortly before his death at the behest of another distinguished violist, Cecil Aronowitz. The score affords many opportunities for the soloist to display his or her virtuosity and has rightly come to be regarded as a cornerstone of the instrument’s repertoire.

Lachrymae is a captivating synthesis, less adaptation than creative reworking. Surprisingly, the song in question is not Dowland’s famous Lachrymae, or “Tears,” but the equally melancholic If My Complaints Could Passions Move. In Britten’s hands, the raw material of the Elizabethan lyric is transmuted into something utterly new, yet strangely familiar. The opening bars of the song are first intoned by the piano’s left hand, rising from the murky depths like a spectral cantus firmus. A series of ten short variations ensues, in which snatches of Dowland appear in sundry guises, now buried deep within the musical fabric, now rising brightly to the surface. Only in the sixth variation does Britten allude to the eponymous song, the viola’s plangent cantilena soaring above the restless triplets of the piano. The haunting simplicity of the final variation, in which Dowland’s tune is magically reunited with its original harmonies, lingers in the memory.


A Bridge between Past and Future 

Suffused with self-quotations, allusions, and reminiscences, Dmitri Shostakovich’s Viola Sonata is at once a poignant artistic testament and a kind of musical autobiography. Woven into its spare, linear fabric are references to works spanning the composer’s career, from the 1922 Suite for Two Pianos and the unfinished opera The Gamblers of 1941–2 (the latter evoked in the propulsive, Stravinskyan Allegretto) to the 14th Symphony of 1969 (quoted by the piano in the final Adagio). Near the beginning of the Sonata, the piano quietly intones the first three notes of the motto D–E flat–C–B, Shostakovich’s musical monogram in German notation. It was an old trick of his, the equivalent of a painter teasingly incorporating his signature in a canvas. Here the effect is stark and subdued, almost dirge-like, as if the 68-year-old composer were writing his own epitaph.

Completed a month before his death, in July 1975, the Viola Sonata is one of Shostakovich’s most intensely personal works. The warm, burnished timbre of the viola, which has extended solo “cadenzas” in each of the three movements, accentuates the prevailing atmosphere of elegiac introspection. Not surprisingly, in light of the composer’s periodic fallings in and out of favor with the Soviet authorities, the character of the music is more stoical than life-affirming. It is surely significant that all three movements simply fade away into silence, without coming to rest on a definitive cadence. The musical term for this in the score is morendo, “dying.” In the summer of 1975, Shostakovich was so weak that he could scarcely hold a pen in his hand. Yet he seemed unable to bring himself to mark “finis” to either his work or his life. 

Shostakovich offered an intriguing description of the Sonata to the violist Fyodor Druzhinin, for whom it was written: “The first movement is a novella, the second a scherzo, and the Finale is an adagio in memory of Beethoven; but don’t let that inhibit you. The music is bright, bright and clear.” Echoes of Beethoven’s “Moonlight” Sonata, with its ruminative keyboard arpeggios, ripple through the somber, brooding Adagio of Op. 147. It was a performance of Beethoven’s Ninth Symphony, Shostakovich said, that set him on the path to becoming a composer. Like Beethoven, he remained firmly rooted in tradition even as he pursued his iconoclastic artistic vision. In an open letter to his fellow musicians, written while he was at work on the Viola Sonata, Shostakovich said: “By building bridges into the future, we must take care not to burn the bridges connecting today’s culture to its immortal past.”


A former performing arts editor for Yale University Press, Harry Haskell is a program annotator for Carnegie Hall in New York, the Brighton Festival in England, and other venues, and the author of several books, including The Early Music Revival: A History, winner of the 2014 Prix des Muses awarded by the Fondation Singer-Polignac.

 

Die Künstler:innen

Tabea Zimmermann
Viola

Tabea Zimmermann erhielt ihre Ausbildung bei Ulrich Koch an der Musikhochschule in Freiburg und bei Sándor Végh am Mozarteum in Salzburg und gilt als eine der führenden Bratschistinnen unserer Zeit. Sie tritt mit den wichtigsten Orchestern der Welt auf und war Artist in Residence u.a. der Berliner Philharmoniker, des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks und des Concertgebouworchesters Amsterdam. Einen Schwerpunkt ihrer kammermusikalischen Tätigkeit bildet die Zusammenarbeit mit Künstler:innen wie Javier Perianes, Jörg Widmann und dem Belcea Quartet. Bis 2016 musizierte sie mit Antje Weithaas, Daniel Sepec und Jean-Guihen Queyras im Arcanto Quartett. Tabea Zimmermann hat zahlreiche Werke zeitgenössischer Komponist:innen uraufgeführt, darunter die ihr gewidmete Solosonate von György Ligeti, Wolfgang Rihms Zweites Bratschenkonzert, Heinz Holligers Recicanto und Enno Poppes Filz. Neben ihrer musikalischen Tätigkeit ist sie Präsidentin der Schweizer Hindemith-Stiftung sowie seit 2023 Stiftungsratsvorsitzende der Ernst von Siemens Musikstiftung, mit deren Musikpreis sie 2020 ausgezeichnet wurde. Nach 20 Jahren Lehrtätigkeit an der Hochschule für Musik Hanns Eisler in Berlin kehrte sie 2023 als Professorin an die Frankfurter Musikhochschule zurück.

März 2024


Javier Perianes
Klavier

Der spanische Pianist Javier Perianes trat in den wichtigsten Musikzentren weltweit auf und arbeitete mit Dirigent:innen wie Daniel Barenboim, Zubin Mehta, Gustavo Dudamel, Klaus Mäkela, François-Xavier Roth und Simone Young zusammen. Als Solist gastierte er u. a. bei den Wiener Philharmonikern, dem Gewandhausorchester Leipzig, dem Orchestre de Paris, dem Concertgebouworchester Amsterdam, dem New York Philharmonic, dem Budapest Festival Orchestra und dem London Philharmonic Orchestra, mit dem er in der aktuellen Saison ein neues Klavierkonzert von Francisco Coll uraufführte. Außerdem erhielt er Einladungen zu den Festivals in Luzern, La Roque d’Anthéron, Grafenegg, Ravinia und zu den BBC Proms in London. Als Kammermusiker arbeitet er regelmäßig mit dem Cuarteto Quiroga und insbesondere mit Tabea Zimmermann zusammen, mit der er 2020 das Album Cantilena mit Musik aus Spanien und Lateinamerika veröffentlichte. Seine Diskographie umfasst darüber hinaus Werke von Beethoven, Mendelssohn, Schubert, Chopin, Debussy, Ravel, Bartók, Mompou, de Falla, Granados und Turina. Zuletzt erschien 2021 ein Album mit Sonaten und Mazurken von Chopin. 2019 wurde Javier Perianes bei den International Classical Music Awards als Künstler des Jahres ausgezeichnet.

März 2024

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