Am 27. August 1521 starb Jossequin Lebloitte dit Desprez im französischen Condé-sur-l’Escaut. Schon seine Zeitgenossen verehrten den bedeutendsten Komponisten der europäischen Frührenaissance schlicht unter dem emblematischen Vornamen Josquin. Durch meisterhafte Beherrschung und innovative Weiterentwicklung der Kompositionstechniken seiner Zeit verhalf er der frankoflämischen Vokalpolyphonie zu nie dagewesener Tiefe und atemberaubender Schönheit.
Ursprünglich bereits zum 500. Todestag des Komponisten im August 2021 geplant und aufgrund der Pandemie verschoben, fand das außergewöhnliche gemeinsame Konzertprojekt von Pierre Boulez Saal und Tallis Scholars nun im Juli 2022 statt, ergänzt durch ein umfangreiches Online-Angebot.
Ich begann mich für Josquins Messen zu interessieren, weil jede einzelne von ihnen ihre ganz eigene kompositorische Methode und Klangwelt entfaltet, so wie Beethoven sich Stück für Stück die Möglichkeiten der Symphonie erschließt. Peter Phillips
Wer war Josquin? 500 Jahre nach seinem Tod ist diese Frage gar nicht mehr so leicht zu beantworten. Deshalb haben sich Shirley Apthorp und Willem Bruls für ihren englischsprachigen Podcast „Master of the Notes“ auf die Suche nach Josquin gemacht und sind seinen Spuren in acht Folgen quer durch Europa gefolgt.
Nicht nur in der Musik, auch in der Malerei waren das 14. und 15. Jahrhundert eine Zeit der großen Innovationen: Gehen Sie mit Peter Phillips auf Online-Museumstour und entdecken Sie erstaunliche Parallelen zwischen Musik und bildender Kunst.
Achtzehn Mal hat Josquin den Text des lateinischen Messordinariums in Musik gesetzt und dabei für jede seiner Vertonungen eine ganz eigene kompositorische Methode und Klangwelt geschaffen. Lernen Sie die musikalische Vielfalt der Messen mit den preisgekrönten Aufnahmen der Tallis Scholars und Essays ihres Gründers und künstlerischen Leiters Peter Phillips kennen.
Werfen Sie einen Blick hinter die Kulissen: Wir haben den Tallis Scholars und Peter Phillips für ihre Konzerte im Pierre Boulez Saal über die Schulter geschaut und dabei viel über Josquins Messen, die Sängerinnen und Sänger und die Geschichte dieses faszinierenden Ensembles gelernt.
Den vollständigen 45-minütigen Film sehen Sie auf unserer Josquin-Plattform!
Die Tallis Scholars, 1973 von Peter Phillips an der Universität Oxford ins Leben gerufen, gehören seit beinahe fünf Jahrzehnten zu den weltweit führenden Interpreten geistlicher Vokalwerke der Renaissance. Mit mehr als 2300 Konzerten weltweit, 60 preisgekrönten CD-Veröffentlichungen auf ihrem Label Gimell Records und ihrer einzigartigen Klangkultur haben sie mehr als jedes andere Ensemble dazu beigetragen, dieses Repertoire einem breiten Publikum zugänglich zu machen.
Mit ihrer Einspielung von Josquins Missa Pange lingua, die als erste CD aus dem Bereich Alte Musik mit dem Gramophone Record of the Year Award ausgezeichnet wurde, begannen sie 1986 eines der ambitioniertesten Aufnahmeprojekte der Musikgeschichte – die Gesamteinspielung aller 18 Messen des Komponisten, die 2020 mit der Veröffentlichung der Messen Hercules Dux Ferrariae, D’ung aultre amer und Faysant regretz zum Abschluss kam.
Die Tallis Scholars unter der Leitung von Peter Phillips bei ihrem ersten Auftritt im Pierre Boulez Saal 2018
Die Tallis Scholars unter der Leitung von Peter Phillips bei ihrem ersten Auftritt im Pierre Boulez Saal 2018
Die Tallis Scholars unter der Leitung von Peter Phillips bei ihrem ersten Auftritt im Pierre Boulez Saal 2018
Die Tallis Scholars unter der Leitung von Peter Phillips bei ihrem ersten Auftritt im Pierre Boulez Saal 2018
Als wir 1986 angefangen haben, wusste ich noch nicht, ob Josquin wirklich genug ‚hergibt‘. Aber mehr und mehr wurde mir klar, dass jede einzelne Messe eine eigene Welt für sich ist – und wir haben uns zur Aufgabe gemacht, diese Diversität zum Klingen zu bringen. Peter Phillips
Peter Phillips hat seine Karriere der Erforschung und Aufführung von Renaissance-Polyphonie und der Perfektionierung des Chorklangs gewidmet. 1973 gründete er die Tallis Scholars, mit denen er inzwischen weltweit über 2300 Konzerte gegeben und über 60 CDs aufgenommen hat. Daneben dirigiert er auch andere Ensembles wie die BBC Singers, den Niederländischen Kammerchor, den Estnischen Philharmonischen Kammerchor, Intrada (Moskau) und El Leon de Oro (Spanien). Neben seiner Tätigkeit als Dirigent ist Peter Phillips auch als Autor bekannt. 33 Jahre lang schrieb er eine regelmäßige Musikkolumne für The Spectator. Seit 1995 ist er Herausgeber von The Musical Times, der ältesten kontinuierlich erscheinenden Musikzeitschrift der Welt. Sein erstes Buch, English Sacred Music 1549–1649, wurde 1991 bei Gimell veröffentlicht, gefolgt von What We Really Do im Jahr 2013. 2018 strahlte BBC Radio 3 seine Sicht auf die Polyphonie der Renaissance in einer Reihe von sechs einstündigen Sendungen mit dem Titel The Glory of Polyphony aus. Im Jahr 2005 wurde Peter Phillips zum Chevalier de l’Ordre des Arts et des Lettres ernannt. 2008 wirkte er an der Gründung des Chors des Merton College an der Universität Oxford mit, dessen Schirmherr er bis heute ist. An seiner Alma mater wurde Peter Phillips außerdem zum Bodley Fellow des Merton College und Honorary Fellow des St. John’s College ernannt.
In vier Jahrzehnten Konzerttätigkeit und mit einer Vielzahl preisgekrönter Aufnahmen haben Peter Phillips und die Tallis Scholars wie kaum ein anderes Ensemble einen Beitrag dazu geleistet, geistliche Vokalwerke der Renaissance fest im Repertoire der westlichen klassischen Musik zu etablieren. Einem größeren Publikum bringen sie Kompositionen der Renaissance durch Aufführungen in Kirchen, Kathedralen und Konzertsälen auf allen Kontinenten mit Ausnahme der Antarktis nahe. Dazu zählen u.a. die Royal Albert Hall, die Sixtinische Kapelle, das Lincoln Center und die Carnegie Hall in New York, die Berliner Philharmonie, der Markusdom in Venedig, das Seoul Arts Centre, Shakespeare’s Globe und die Wigmore Hall in London, das Concertgebouw Amsterdam, die Beijing Concert Hall, das Megaron in Athen und das Sydney Opera House. Bis heute entwickeln die Tallis Scholars ihren unverwechselbaren, für seine Klarheit und Geschmeidigkeit gerühmten Klang weiter und widmen sich neuen Interpretationen nicht nur von Werken historischer Komponisten sondern auch von Zeitgenossen wie Arvo Pärt, John Tavener, Paul Whitacre und Nico Muhly.